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Namensgebung bei Pflanzen: So funktioniert's

Jennifer Bowinkelmann
Head of Digital Gartenmagazine

Berühmte Persönlichkeiten, die eigenen Liebsten, Eigenschaften, die sofort ins Auge fallen – Pflanzenzüchterinnen und -züchter schöpfen aus einer schier unendlich anmutenden Ideenkiste, wenn sie ihren Kreationen einen Sortennamen geben. Entscheidend ist dabei, dass die Pflanzen nicht nur für die Züchterzunft, sondern auch für den Handel und für Hobbygärtnerinnen und -gärtner eindeutig identifizierbar sind. Und natürlich steht der Sortenname nicht allein, sondern jede Pflanze hat auch einen wissenschaftlichen, den botanischen Namen. Welche Systematik hinter den Pflanzennamen steckt und welche Regeln es zu beachten gilt, erfahren Sie hier.

Pflanzennamen: Zwei Codes für eine einheitliche Benennung

Eine Rose ist eine Rose, oder nicht? Na ja, es gibt Beetrosen, Strauch- und Bodendeckerrosen, Ramblerrosen, Edelrosen, Zwergrosen, Wildrosen, historische Rosen … Und was ist mit der Stockrose? Die gehört zu den Malvengewächsen und ist gar keine Rose!

Schon dieses simple Beispiel zeigt, warum die Namensgebung von Pflanzen einer genaueren Betrachtung wert ist. Das Thema ist zwar insgesamt komplex, aber wenn man die grundlegende Systematik verstanden hat, gar nicht mehr so verwirrend, wie es auf den ersten Blick scheint.

Wir wollen Ihnen zwei internationale Codes näher bringen – den ICNafp und den ICNCP – und anhand dieser beiden Regelwerke verdeutlichen, wie eine Pflanze zu ihrem Namen kommt.

ICNafp: Wie Pflanzen zu ihrem botanischen Namen kommen

Jede Pflanze hat einen wissenschaftlichen, den botanischen Namen. Die Namensgebung folgt dabei den Regeln des internationalen Codes der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen oder kurz: ICNafp.

Ein Code löst den anderen ab

Der ICNafp gilt erst seit 2012. Bis Ende 2011 wurden Algen, Pilze und Pflanzen nach den Grundsätzen, Regeln und Empfehlungen des internationalen Codes der Botanischen Nomenklatur (ICBN) benannt. Seit 2012 ist die aktuelle Fassung des ICNafp auch im Web abrufbar, allerdings nur in englischer Sprache.

Ziel des ICNafp ist es, eine Systematik zu schaffen, in der jede Pflanze sogenannten Taxa (Einzahl: Taxom) zugeordnet werden können, die wiederum verschiedenen hierarchischen Rangstufen angehören. Die im ICNafp genannten Hauptrangstufen sind:

  • Reich
  • Abteilung
  • Klasse
  • Ordnung
  • Familie
  • Gattung
  • Art

Diese Hauptrangstufen können wiederum in untergeordnete Nebenrangstufen unterteilt werden.

Aber keine Sorge, so kleinteilig wollen wir gar nicht werden. Denn hier geht es weniger um die korrekte wissenschaftliche Klassifizierung von Pflanzen, sondern vielmehr um die botanische Namensgebung. Mithilfe des botanischen Namens soll eine Pflanze in das bestehende Netzwerk der bereits wissenschaftlich beschriebenen Pflanzen eingeordnet werden. Im Wesentlichen werden wir uns daher auf den Artnamen konzentrieren, der sich aus zwei Teilen zusammensetzt.


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So setzt sich der botanische Name von Pflanzen zusammen

Der Artname einer Pflanze besteht aus zwei Teilen: der Gattung und der Art. Dabei wird die Gattung groß geschrieben, die Art mit kleinem Anfangsbuchstaben. Häufig wird dieser zweiteilige botanische Name kursiv gesetzt.

Schauen wir uns doch einmal die Stockrose von ganz oben an. Anhand dieses Beispiels wird das Prinzip deutlich:

  • Stockrose ist die deutsche Bezeichnung, auch Trivialname genannt, für die Gattung Alcea.
  • Der botanische Name für die Art Runzelige Stockrose ist: Alcea rugosa.
  • Der botanische Name für die Art Gewöhnliche Stockrose ist: Alcea rosea.

Die Runzelige Stockrose heißt Alcea rugosa, …

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… die Gewöhnliche Stockrose Alcea rosea.

Die binäre Nomenklatur

Weil der botanische Name sich aus zwei Teilen zusammensetzt, wird das Prinzip binäre Nomenklatur genannt. Diese zweiteilige Namensgebung geht auf den schwedischen Naturforscher Carl von Linné zurück, der von 1707 bis 1778 gelebt hat. Er schuf mit seiner binären Nomenklatur die Grundlage für die moderne Klassifikation in der Botanik und Zoologie.

Statue in Stockholm des schwedischen Naturforschers Carl von Linné
Der schwedische Naturforscher Carl von Linné, hier als Statue in Stockholm, schuf im 18. Jahrhundert die Grundlage für die zweiteilige Namensgebung von Pflanzen in der Botanik. [Foto: AdobeStock_ArTo]

Sonstige wichtige Regeln aus dem ICNafp

Grundsätzlich ist mit der oben beschriebenen binären Nomenklatur, also dem zweiteiligen Artnamen, das Wichtigste zum botanischen Namen einer Pflanze beschrieben. Falls Ihnen aber innerhalb dieser zweiteiligen Namensgebung Abkürzungen oder Ähnliches auffallen und Sie nicht wissen, was es damit auf sich hat, hilft diese Liste weiter:

  • Unterarten werden durch die Abkürzung „subsp.“ gekennzeichnet. Sie beschreiben häufig das Vorkommensgebiet einer Pflanze. Ein Beispiel aus der Malvenfamilie: Malva sylvestris subsp. mauritiana, die Mauretanische Wilde Malve.
  • Auf ähnliche Weise werden auch Varietäten, statt mit „subsp.“ allerdings mit der Abkürzung „var.“, gekennzeichnet. Damit ist gemeint, dass sich eine Pflanze in nur wenigen Merkmalen vom Idealtypen ihrer Art unterscheidet.
  • Ein „x“ weist darauf hin, dass es sich bei der Pflanze um eine Hybride handelt, also um eine Kreuzung. Meist werden zwei Arten miteinander verkreuzt. Ein Stockrosen-Beispiel zeigt aber, dass es auch Gattungshybriden gibt: Bei der x Alcalthaea suffrutescens handelt es sich um eine Kreuzung zwischen Alcea rosea, der Stockrose, und Althaea officinalis, dem Echten Eibisch. Zu dieser oft auch Bastardmalve genannten Gattungshybride zählen z. B. die Sorten ‘Parkrondell’ und ‘Parkfrieden’. (Was es mit dem Namen in einfachen Anführungszeichen auf sich hat, erfahren Sie weiter unten.)
  • Endet die Art im botanischen Namen auf „-i“, „-ii“, „-ianus“ oder „-ianum“ ist dies ein Hinweis darauf, dass die Pflanze nach einer Person benannt wurde. Hierzu ein Rosen-Beispiel: Der botanische Name der Davids-Rose lautet Rosa davidii.
  • Ein Kürzel hinter dem zweiteiligen botanischen Namen deutet auf den Autoren oder die Autorin hin, also die Person, die die Pflanze als erstes benannt hat. Manchmal wird der Autorenname aber auch ausgeschrieben. Meist steht er in Versalien, also in Großbuchstaben, hinter dem botanischen Namen. Steht bei der Gewöhnlichen Stockrose der botanische Name Alcea rosea L., bedeutet dies, dass Carl von Linné derjenige war, der sie zuerst klassifiziert hat. Eine Liste mit den Personen aus der Wissenschaft, die hinter den Kürzeln stehen, bietet der IPNI, der International Plant Name Index.

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ICNCP: Die Bennenung von Kulturpflanzen

Der sogenannte International Code of Nomenclature for Cultivated Plants (ICNCP; deutsch: Internationaler Code der Nomenklatur der Kulturpflanzen) regelt die einheitliche Benennung von Kulturpflanzen. Anders als beim ICNafp geht es ausschließlich um die Benennung der Pflanzensorten, nicht um die wissenschaftliche Beschreibung nach Eigenschaften in einem hierarchischen Rangstufensystem.

Die Namen sollen so gewählt werden, dass die Pflanzen für Züchter*innen, den Gartenhandel und auch Hobbygärtner*innen eindeutig identifizierbar sind. Zudem gibt der Code eine Handvoll Regeln und Empfehlungen vor, nach denen der Sortenname einer Pflanze gewählt werden soll.

So setzt sich der Sortenname einer Pflanze zusammen

Schwarzrot blühende Stockrose vor gemauerter Wand.
Diese schwarzrot blühende Sorte der Stockrose heißt Alcea rosea ‚Nigra‘. [Foto: AdobeStock_Frank Kuschmierz]

Der vollständige Name einer Pflanze setzt sich aus dem zweiteiligen botanischen Namen und der Sortenbezeichnung zusammen. Zur Erinnerung: Der botanische Name besteht – wie oben bereits beschrieben – aus dem häufig kursiv geschriebenen Gattungs- und Art-Namen.

Die Sortenbezeichnung kann man daran erkennen, dass sie in der Regel in normaler Schrift und mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben wird. Zusätzlich ist sie durch einfache Anführungszeichen gekennzeichnet. 

Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung: Eine Sorte der Gewöhnlichen Stockrose ist Alcea rosea ‘Nigra‘.

Dabei handelt es sich um eine aufrechte, horstbildende, zweijährige oder kurzlebige Staude, die von Juli bis September schwarzrote, schalenförmige, in Trauben angeordnete Blüten ausbildet.

Regeln, die es bei der Auswahl eines Sortennamens zu beachten gilt

Grundsätzlich scheinen Pflanzenzüchterinnen und -züchter ihrer Kreativität bei der Namensgebung freien Lauf lassen zu können. Berühmte Persönlichkeiten waren schon Namenspat*innen, wie beispielsweise Prinzessin Diana (für die Clematis texensis ‘Princess Diana‘) oder Heidi Klum (für die Beetrose Rosa ‘Heidi Klum‘). Manch einer benennt seine Pflanzenkreationen nach seinen Kindern. Oder lässt sich durch Eigenschaften wie Wuchs, Aussehen oder Farbe zu assoziativen Namen inspirieren: So kamen womöglich die Namen für den silbrig schimmernden Chinaschilf Miscanthus sinensis ‘Kleine Silberspinne‘, für den dunkelblauen Strauchbasilikum Ocimum basilicum ‘Magic Blue‘ oder für den herbstblühenden Rhododendron x hybr. ‘Septembercharme‘ zustande.

Nicht zuletzt dürfte es Züchterinnen und Züchtern bei der Sortenbenennung darum gehen, mit dem Namen Aufmerksamkeit zu erlangen und den Verkauf der Pflanze zu befördern.

Bei aller waltenden Kreativität gibt der ICNCP bei der Namensgebung aber einige Regeln vor, beispielsweise, dass die Sortenbezeichnung …

  • … innerhalb einer Gattung nur einmal vorkommen darf,
  • … nicht aus dem Lateinischen stammen darf,
  • … zwischen 2 und 30 Zeichen lang sein muss,
  • … weder den botanischen noch den Trivialnamen enthalten darf,
  • … nur Buchstaben aus dem lateinischen Alphabet, arabische Ziffern sowie die Sonderzeichen Komma, Punkt, Bindestrich, Ausrufezeichen, Apostroph, Schrägstrich und umgekehrter Schrägstrich enthalten darf,
  • … weder Überhöhungen noch anstößige Wörter enthalten sollte,
  • … den Namen lebender Personen nur nach deren Zustimmung tragen darf,
  • … keine geschützte Markennamen sein dürfen.

Wenn Sie mit Ihrem Latein nach dieser Lektüre noch nicht am Ende sind, zeigen wir Ihnen hier, dass Gartenlatein (oder manchmal auch „Gartengriechisch“) längst nicht nur etwas für Profis, Nerds und Besserwisser ist.

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