Begrüßt werden wir von einer munteren Gänseschar, in der jede Einzelne den Anschein erweckt, sie sei hier der Chef: Stopp, Vorfahrt habe ich! Wo aber steckt der wirkliche Chef? Wir finden ihn im Glashaus, wo er inmitten einer Gruppe von Rosenliebhaberinnen mit Witz und Charme über die kleinen Tücken des biologischen Rosenanbaus parliert, eben wird Wilhelm Busch zitiert: „Wem Gott ein Gärtlein gab und Rosen …“
Sie kennen den Spruch? Na klar, dem gab er auch Mehltau und die Blattlaus. Und denen wurde, erfinderisch, wie der Mensch ist, mit allerlei absolut zuverlässigen Spritzmitteln zu Leibe gerückt. Nicht so bei Werner Ruf. Gegen die Läuse hat er sich tüchtige Helfer ins Boot geholt: Schlupfwespe und Co., also allerhand kleine Tiere, die wir Nützlinge nennen und die sich mit großer Gefräßigkeit über die Blattläuse hermachen.
Wir sind in einem Familienbetrieb. Werner Ruf hat die Rosenschule Anfang der 90er Jahre von seinem Vater übernommen. Familienbetrieb bedeutet meist: Auch die Kinder der Familie wuseln durch die Kulturen. Für Werner und Sabine Ruf war das der Anlass zur Neuorientierung: Wir stellen auf ökologischen Anbau um.
Ein Novum vor fast 20 Jahren. Damals ernteten sie viel Skepsis, auch bei Berufskollegen: „Das macht er drei Jahre, dann ist er bankrott!“ Werner Ruf ist auf sympathisch bodenständige Weise stur. Er blieb sich und seiner Art des Rosenanbaus treu, aus den prophezeiten drei Jahren sind mittlerweile fast 20 geworden. Der ökölogische Anbau hat einen schönen Nebeneffekt: Er liefert Blüten zum Essen. Rosenblüten, die frei sind von Rückständen aus Pestiziden.
Die schier endlos langen Rosen-Blütenhecken haben wir beim Ankommen schon gesehen. Bereit zur Ernte. Wie das geht? Da müssen wir morgens kommen. Machen wir.
Mit dem ersten Tageslicht, möglichst noch bevor es sich die Bienen und Hummeln in den Blüten gemütlich machen, beginnt die Ernte der Blütenblätter. Für die Herstellung von Rosenmus, durch Erhitzen haltbar gemachte, zerkleinerte Rosen-Blütenblätter mit Apfel- und Zitronensaft, sollen die Blüten noch etwas feucht von der Nacht sein.
Das Rosenmus wird als Basisprodukt zum Weiterverarbeiten zu allerlei Köstlichkeiten ebenso im Rosenlädchen angeboten, wie Rosensalz, Rosenblütentee, Rosenlikör und mehr. 99 kg Blütenblätter sind die Ausbeute des Tages. Viele flinke Hände waren nötig für die Ernte.
Nach dem Frühstück warten schon die Rosen im Anzuchtquartier auf Pflegeeinheiten. Dort haben derweil die Gänse den Rasen gemäht und Kauflustige im Schaugarten bei Laune gehalten. Ach, da kommt ja der Gärtner selbst! „Ich möchte gern eine duftende, mehrmals blühende Kletterrose. Und robust soll sie sein. Welche würden Sie empfehlen?“
Fragen wie diese ist Werner Ruf gewohnt, er beantwortet sie und gibt gleich noch ein paar Tipps zur Pflege ohne Chemie. Seine Philosophie soll schließlich nicht nach der Kasse verpuffen. Auch deshalb gibt es in der Gärtnerei regelmäßig Führungen, Kurse zur Rosenpflege und das beliebte Hagebuttenfest.
Und so mancher begeisterte Besucher nutzt die Möglichkeit, Rosenaktionär zu werden, sich mit einer limitierten „Rosenaktie“ einen klitzekleinen Anteil am Betrieb zu kaufen und damit die eine oder andere nötige Investition schneller möglich zu machen. Ich habe mich übrigens auch für eine Rosenaktie vormerken lassen. Weil mir der Gedanke gefällt, dass diese etwas andere Rosenschule zwanzig Jahre und noch mehr so weiterbestehen wird.
Elke Pirsch
Ein Sommerkleid in Ökoqualität, passend zur neuen Lieblingsrose oder in weiser Voraussicht ein paar Stiefelchen für die Schmuddelwetterzeit gibt es in der urigen Scheune gleich neben dem Schaugarten.
Das Rosenlädchen entstand aus dem Wunsch, neben ganz viel Nützlichem, wie Scheren, Rosendünger oder Rankhilfen, auch etwas Schönes rund um Rosen anzubieten. „Als eine Kundin meinte, ein Geschenk für den Opa habe sie gefunden, nun fehle nur noch etwas für Oma, da war’s entschieden. Ein Lädchen musste her“, so Sabine Ruf.
Schon bald gehörten auch kulinarische Rosenspezialitäten zum Angebot. Sabine Ruf probiert immer wieder neue Rosenrezepte und was gefällt, nimmt sie ins Angebot. „Es sind unsere ureigenen Produkte, alles ist aus unseren Rosenblüten gemacht.“ Die Herstellung von Rosenblütenaufstrich, Rosenzucker oder Rosenblütentee lässt sie sich trotz knapper Zeit nicht aus der Hand nehmen: „Es ist mein Steckenpferd und mir gefällt natürlich, dass es auch noch etwas abwirft.“
In einem alten Rosenbuch beginnt das Kapitel „Die Zukunftsrosen“ mit dem Satz: Das ist die Rosa rugosa. Dieser Satz wurde vor mehr als 100 Jahren geschrieben. So lange schon wartet die Kartoffel-Rose, auch Sylter Rose oder Kamschatkarose genannt, auf das Eintreffen der mutigen Prophezeihung.
Wirkt ihr Wildrosen-Charme noch immer zu schlicht für den Rosengarten? Man wird sehen. Denn die Rosen dieser Gruppe sind unglaublich robust und vielseitig, zudem öfterblühend. Bei Werner Ruf gibt es eine hüsche Serie von neun Rugosa-Sorten, die alle ihre „Wildheit“ im Namen tragen. Sie wurden aus über tausend Sämlingen selektiert, die ihr Entstehen Senior Georg Rufs Leidenschaft für Hagebuttenmarmeladen verdanken.
Mit einer hübschen Geschichte ist die Einführung einer Rugosa verknüpft, die heute den Namen ‘Georg Ruf’ in die Welt trägt. Als einen von vielen vermeintlich mittelmäßigen Sämlingen hatte eben jener Georg Ruf sie an einen holländischen Bio-Rosenanbauer verschenkt. Der sah bald: Die hat Hagebutten, groß wie eine 2-Euro-Münze. Und mit dem Namen des freigebigen Spenders versehen, kehrte sie heim nach Steinfurth.