Mitten in unserem Gespräch klingelt das Telefon. Hermann Schlotte nimmt ab und sagt nach wenigen Sekunden nur: „Okay“. Er lächelt: „Zum Siebzehnten haben sich die Landfrauen angemeldet. Sie kommen mit ’nem Bus. 25 Leute.“ Offene Pforte bei Mechthild Telöken und Hermann Schlotte. 25 Leute auf einmal, wundere ich mich anfangs und erfahre dann, dass es in Wirklichkeit täglich 200 bis 300 sind, die sich an diesem einen Wochenende den Garten im Tecklenburger Land anschauen. Die beiden bringt das nicht aus der Ruhe.
Der Garten hat seine Geschichte, und die beiden Gärtner auch. Während Mechthild Telöken ihre Gartenlust von der Mutter erbte und mit dem Rosenfieber infiziert wurde, fuhr Hermann Schlotte zur See und zog am Fenster seiner Schiffskammer Orangen und Ananas aus den Ländern des Südens.
Beide leben ihre Leidenschaft nun im gemeinsamen Garten aus: Sie mit rund 200 Rosen in etwa 100 Sorten, er auf seiner mediterranen Südwest-Terrasse unter einer Weinlaube, wo im Sommer Thymian, Oliven, Oleander platziert werden, die den Winter unter Pflanzenlampen in der Garage überstehen.
Sieben Jahre erst existiert der prächtige Garten rund um das Wohnhaus der beiden. Geht nicht angesichts der Blütenpracht? Geht doch, denn beim Umzug aus dem einst gemieteten Landhaus zogen alle Pflanzen mit: allein 5000 Buchsbäumchen, die ‘Ghislaine de Féligonde’, Mechthilds Lieblingsrose, die ‘Rose de Resht’, die ‘Louise Odier’, die ‘Lykkefund’ und all die anderen.
Auch der rotblättrige Judasbaum, die Bitterorange, Gewürzsträucher und die anderen Gehölze zogen mit um. „Das Problem“, so erinnert sich Mechthild Telöken, „es war Winter, die Tage waren kurz. Und die vielen Stauden, die wir hatten und die längst in den Boden eingezogen waren, musste man erstmal finden. Im Dunklen haben wir dann gepflanzt. Manch’ eine sogar verkehrt herum …“.
Inzwischen lachen die beiden drüber.
Dennoch kaum zu glauben, dass hier vor einigen Jahren nichts als Wiese war. Heute führt ein Weg rund ums Haus, und auf Schritt und Tritt bleibt der Blick hängen: am Sitzplatz unter dem mit Rosen bewachsenen Pavillon, am kleinen Teich mit Wasserfall, über den eine kleine Brücke führt und an den Deko-Elementen, derer man einst auf Flohmärkten und Schrottplätzen habhaft wurde.
Und natürlich am sonnig-gelben Gartenhaus, auf dessen Dach sich ‘Ghislaine de Féligonde’ und ‘Bobby James’ ihren Platz eroberten. Die Bank davor ist einer der Lieblingsplätze von Mechthild Telöken und Hermann Schlotte.
Auch, wenn es nicht so scheint (zur Offenen Pforte wird nämlich aufgeräumt): Jeder der beiden hat seine „Usselecke“, wie sie sagen. Da wird emsig getopft, gebaut, probiert. Und erfahren.
So stand dort einst ein altes Sauerkrautgefäß mit Brennnesseljauche: „Wir wollten die Brühe einfach mal testen. Doch das Fass hatte schon Risse und ließ das Zeug durchsickern.“
Wie erstaunt waren die beiden, als dann die Blumen rundherum so schön wuchsen wie noch nie. Seitdem gibt’s die Jauche, 1:10 oder 1:20 verdünnt, als Dünger direkt an den Fuß der Pflanzen. Der Weinstock und die Rosen danken es mit gesundem, kräftigem Wuchs.
Auch die Rittersporne – bis die Schnecken über sie herfallen. Denn der Igel, auf dessen Speiseplan die eigentlich stehen, sitzt gemeinsam mit der Spitzmaus lieber am Futternapf der Katze, die (manchmal) auf den Namen ‚Pfote‘ hört. „Wo ich wohne, will ich mich wohlfühlen“, sagt Hermann Schlotte. Andere offenbar auch.
Christian Gehler