Einst weideten hier Kühe. Jetzt gedeihen hier prachtvolle Stauden und imposante Gräserhorste. Christa und Heinz-Werner Tönjes komponierten eine bunte Palette kleiner Gartenräume zum harmonischen Ganzen. Hier lässt sich Farbe tanken!
Bei strahlender Morgensonne empfängt uns ein schmuckes Anwesen mit liebevoll restauriertem Landhaus. Auf ehemaligen Viehweiden entstand ein Garten, im Jahr 2003 von Christa Tönjes geplant und mit ihrem Mann Heinz-Werner Schritt für Schritt aufgebaut.
Nach unzähligen Versuchen, der hartnäckigen Unkrautflur beizukommen, wurden beide erfinderisch: Aus dem nahegelegenen Wald schafften sie eine Menge Eichenlaub heran. Das wurde als dicke Schicht auf die späteren Beete gebracht. Gerbsäure und Lichtmangel sollten dort ihre Wirkung tun. Der Erfolg blieb nicht aus: Das Unkraut verschwand – ebenso wie die Laubmassen, die bald als Humus den schweren Lehmboden verbesserten. Der Weg war geebnet für einen 10.000 m2 großen, bunten Cottagegarten!
Am Eingang begrüßen uns zwei zum Tor gepflanzte Amberbäume (Liquidambar styraciflua). Kastenförmig geschnittene Linden flankieren den selbst gepflasterten Weg, bei dem der Hausherr gekonnt Feldsteine, Klinker und Granitpflaster miteinander kombinierte. Der Weg weitet sich zum Rondell mit Kugel-Trompetenbaum (Catalpa bignonioides ‘Nana’) auf.
Geschwungene Säume und Inseln aus Sträuchern, Stauden und Sommerblumen verwehren den Überblick über das gesamte Gelände. Auf Rasenwegen erschließt der Besucher Schritt für Schritt das Gartenreich. Wie Kulissen auf einer Bühne bieten sich ständig wechselnde An- und Aussichten.
Beim Gartenspaziergang entdecken wir insgesamt elf Sitzplätze, mehrere Skulpturen und unterm kleinen Pavillon einen Vier-Jahreszeiten-Brunnen.
Im hinteren Gartenteil dürfen keine größeren Gehölze stehen: Unterirdisch verlegte kommunale Gasleitungen machen das Pflanzen tief wurzelnder Gewächse unmöglich. Also wurde getrickst, um Höhe und Struktur in den Garten zu bringen: Der Pavillon mit Clematis ‘Etoile de Violette’ und panaschierter Weigelie oder die dicht mit ‘Paul’s Himalayan Musk’ bewachsene Rosenlaube lenken den Blick nach oben. Klein bleibende Gehölze sind als Ersatz für die großen Verwandten gepflanzt, z. B. die Strauch-Kastanie (Aesculus parviflora).
Wir fühlen uns wohl im Garten Tönjes und glauben sofort, dass am Wochenende der Offenen Pforte schon mal bis zu 1.500 Leute ins norddeutsche Ganderkesee kommen, um zu schlendern, zu entdecken und bewundern.
Tatsächlich haben die passionierten Gärtner einige Besonderheiten gepflanzt, etwa die Rote Zaubernuss (Hamamelis ‘Rubin’), die sich zeitig im Frühjahr mit rostroten Blütenpinseln schmückt. Der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch (Heptacodium miconioides) entfaltet rahmweiße, duftende Blütenrispen von August bis November. Blattform und -farbe zum Staunen zeigt der Rotblättrige Schlitz-Holunder (Sambucus nigra ‘Black Lace®’).
Einzelnen Gartenzimmern wurde jeweils ein Thema verliehen, etwa der in Rosa und Lila gehaltene „Ruhige Garten“ mit Rosenlaube, Putte und dem von Katzenminze gesäumten Pfad. Im „Gelben Garten“ leuchten schwefelgelber Frauenmantel, orangegelbe Trollblume und bunter Island-Mohn um die Wette. In schattigen Partien fühlen sich Sterndolden, Glockenblumen, Schildblatt und Hoher Wiesenknopf wohl. Dazwischen blitzen die rosa Blüten der Götterblume (Dodecatheon) hervor.
Der ganze Stolz des Paares: Die prächtigen Pfingstrosen (Itoh-Hybriden). Wie viele andere Pflanzen stammen sie von der Gärtnerei des Vertrauens, dem Pflanzenhof Schachtschneider.
Einen Gemüsegarten mit Kräuterspirale und Gewächshaus gibt’s gleich neben der Terrasse. Seine Einfassung aus Buchsbaum wurde von Christa Tönjes gepflanzt und dabei gezählt: 450 Stück! Der lehmige Gartenboden, auf dem einst Rinder weideten, lässt so manche Staude in die Superlative wachsen. „Ja, bei uns wird immer alles ein bisschen mordshoch,“ kommentiert Christa unser Staunen.
Gibt es Lieblingspflanzen? Natürlich. Die Gärtnerin favorisiert Alte Rosen mit Wildrosencharme. ‘Rose de Resht’, ‘Königin von Dänemark’, ‘Red Leonardo da Vinci’ und ‘Paul’s Himalayan Musk’ erobern die selbst geschweißten Rankgerüste. ‘New Dawn’ schmückt mit ihrer überbordenden Blütenfülle die Terrasse.
Heinz-Werner Tönjes, dem „power work“ wie Rasen mähen, Wege anlegen und Beete umgraben liegt, widmet sich am liebsten den Gehölzen. Die beiden Pflanzenfreunde nennen ihre Gartenarbeit scherzhaft „mit der Natur kämpfen“.
Im Anschluss an ihren Arbeitstag als Buchhalterin verbringt Christa bis zu fünf Stunden im Garten. Die beiden müssen sich außer mit Schnecke & Wühlmaus auch mit böigem Wind und mit Wildschwein, Reh & Co. arrangieren. Das alles will bei der Planung, Pflanzenwahl und Pflege berücksichtigt sein! So wurde die Strauchrose ‘Mozart’ erst vom Wind gebeutelt, jüngst auch noch respektlos von Schwarzkitteln angeknabbert.
Nachdem alles neu gepflanzt war, blieb den beiden Garten-Enthusiasten keine andere Wahl: Der Wildschutzzaun wurde aufgestockt und schwach unter Spannung gesetzt. Das hilft – bisher jedenfalls.
Karin Wachsmuth