Im ostfriesischen Wiesmoor entdecken wir das „Moorjuwel“. Der Garten von Hedwig und Wilhelm Weerts ist umgeben von Kanälen und längst ein Magnet für zahlreiche Besucher geworden.
Rechts, links oder geradeaus? Den langen, schmalen Garten von Hedwig und Wilhelm Weerts durchziehen mehrere Wege. Gleich hinter dem Haus gibt’s die erste Gabelung. Und wir müssen uns entscheiden, wo wir anfangen. Mal sehen, wo sich unser Fotograf gerade rumtreibt. Aha, hinten links, dann gehen wir eben nach rechts. So laufen wir ihm nicht vor die Linse …
Und stehen schon wieder draußen. Vor dem Garten. Hier also ist der offizielle Garteneingang, mit Briefkasten und einem kleinen Empfangskomitee aus Akeleiblättriger Wiesenraute und Zierlauch.
Wie die meisten anderen Gartengäste waren auch wir zuvor durch den inoffiziellen Eingang neben der Garage gekommen, dem Hintereingang. „Der ist eben einfacher zu finden.“ Hedwig Weerts lotst uns wieder zurück auf den Rundweg.
Gut ist, dass man sich in dem 1300 Quadratmeter großen Garten nicht verlaufen kann. Dafür man kann aber einiges verpassen. Etwa die Ruine, die so auch in einem Englischen Landschaftspark stehen könnte. Mauern mit Fenstern, Gesimsen, einer Tür und einer Clematis montana, die sich auf der Mauerkrone breit gemacht hat. „Die Ruine haben wir aus 100 Jahre alten Ziegeln selbst gemauert.“ Oder die Zwerghühner, die Wilhelm Weerts betreut. Sie scharren in einer Nische hinter dem Schuppen.
Und überall gibt es hübsche Ideen zu entdecken. Mal fallen sie uns sofort auf, wie der Vogelkäfig auf dem Mäuerchen, mal sieht man sie erst auf den zweiten Blick, wie die Mooskugeln, die wir an einem Rankgerüst entdecken. Genau das lieben die Besucher, erfahren wir, das Dekorieren mit alten Gartengeräten, Küchenutensilien und Naturmaterialien.
Egal, auf welchem Weg wir unterwegs sind – ein Gartenzimmer verpasst mit Sicherheit niemand auf seiner Entdeckungstour: das mit dem Teich. Dafür mussten Hedwig Weerts Überredungskünste her. Denn ihre Idee wurde von Ehemann Wilhelm nur mit den Worten kommentiert: „Wozu brauchst du einen Teich? Du hast doch genug Wasser vor der Haustür.“ Damit hat er eigentlich recht: Der Garten ist geradezu umzingelt von Kanälen.
Doch Hedwig konnte sich durchsetzen und hat ihren Teich bekommen. Naturnah und wildromantisch, so ganz anders als der vordere Gartenbereich, der zwar durch Rosen, Clematis und Dekoration auch romantisch ist, aber durch die Buchseinfassungen und Rosenbögen auch formaler und geordneter wirkt.
Hier hinten am Teich darf die Natur walten. Der Rundweg führt auf weichem Rindenmulch um den Teich herum. Hier lassen wir uns für einen Augenblick in die Hollywoodschaukel fallen und genießen das plätschernde Wasser.
Vor 30 Jahren zogen Hedwig und Wilhelm Weerts in das Haus der Eltern ein und entwickelten den Garten für Selbstversorger immer mehr zu einem Ziergarten. Doch das brauchte seine Zeit. „Wir haben auch unsere Fehler gemacht und gelernt.“
Da ist zum Beispiel der Tulpenbaum. Er ist mittlerweile mehr als 30 Jahre alt und dominiert mit seiner Krone den Garten in Hausnähe. Heute aber würde ihn Hedwig Weerts nicht mehr so nah ans Haus pflanzen. Denn bei einem schweren Sturm brach ein großer Ast ab und krachte ins Wohnzimmerfenster.
„Aber ein Hausbaum muss sein, das sage ich auch immer den jungen Familien, die zu Besuch kommen.“ Hedwig Weerts gehen die Ideen nicht aus. Wenn sie etwas im Kopf hat, setzt sie es am liebsten sofort in die Tat um. Sie mag das Dekorieren. Und Ehemann Wilhelm ist dann auch schon mal kritisch: „Mach mal eben neu.“
Doch auch er ist ein Macher und packt mit zu, lässt Mauern entstehen oder schweißt Rankgerüste für die Rosen und die über 70 Clematis-Sorten. Auch ein Gartenhaus, ein sogenanntes „Tuunhuus“, wie man hier im Norden sagt, entstand unter seinen Händen. Auf etwas kuriose Weise: „Die Fenster hatten wir schon, bevor es den Bauplan gab. Der wurde dann um die Fenster drumherum gebaut.“
Das Tuunhuus ist mit viel nostalgischem Charme, alten Werbeblechschildern und Spitzenblusen liebevoll eingerichtet. Hier empfängt Hedwig Weerts ihre Gäste. Die kommen nicht nur zur Offenen Gartenpforte, sondern auch an den Sonntagen dazwischen. Bei Regenwetter sitzt man hier trocken. Naja, nicht ganz: Es gibt Kaffee, Tee und Kuchen.
Das „Moorjuwel“ ist jeden 2. und 4. Sonntag im Monat von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Tipp: Im August findet üblicherweise ein Lichterabend mit Fackeln und Kerzen im Garten statt. Sie finden den Garten in der Kanalstr. II 153, 26639 Wiesmoor, Anmeldung unter Tel. 04944-5810.
» Die offizielle Webseite des Moorjuwel