Beim Anblick der Ackerwinde scheiden sich die Geister. Während die einen sich ihrer hübschen Trichterblüten erfreuen, graut es den anderen beim Gedanken daran, wie die Schlingpflanze geliebte Zierpflanzen in Beschlag nimmt. Dabei hat die vielfach als Unkraut geschimpfte Wildpflanze durchaus einen Nutzen im dynamischen Gefüge unseres Ökosystems. Wie Sie die Ackerwinde im eigenen Garten dennoch im Zaum halten oder wo Sie ihr ein ungestörtes Plätzchen einräumen könnten, verraten wir hier.
Die Ackerwinde (Convolvulus arvensis) ist eine mehrjährige, krautige Kletterpflanze. Ihr engmaschiges, reich verzweigtes Wurzelnetzwerk erstreckt sich tief ins Erdreich und macht das Beikraut äußerst ausdauernd und widerstandsfähig. Ihre Wurzeln bilden nicht nur Wurzelausläufer, sondern besitzen zudem die Fähigkeit, immer wieder aufs Neue auszutreiben – auch dann, wenn die oberirdischen Triebe entfernt wurden. Die Triebe wachsen kriechend den Boden entlang oder wandern, sollten sie den nötigen Halt finden, windend in die Höhe. Die Kletterbewegung entsteht durch kreisförmige Bewegungen der Triebspitzen entgegen dem Uhrzeigersinn.
Convolvulus arvensis gehört zur Familie der Windengewächse (Convolvulaceae). Wie ihre deutsche Bezeichnung schon nahelegt, findet man sie häufig auf Äckern, wo sie sich zum Beispiel zwischen Getreide oder anderen Kulturpflanzen ausbreitet. Doch die Ackerwinde ist mittlerweile an vielen Standorten zuhause, besonders lockere, durchlässige Lehm- oder Tonböden werden bevorzugt. Auf Wiesen und Brachflächen, zwischen Wegen oder eben auch im eigenen Garten kann sie einem begegnen.
In der Landwirtschaft ist die Ackerwinde kein gern gesehener Gast, da sie durch ihre besondere Durchsetzungskraft die Erntearbeiten auf Feldern erschweren kann. Maschinelle Bodenbearbeitung sorgt hier oft sogar dafür, dass zerkleinerte Wurzelteile der Winde erneut austreiben und so noch verteilt werden. Auch in Weinbergen, wo sich die Ackerwinde oft wohlfühlt, wird sie zum Problem, wenn sie am Wein entlangrankt und die Kulturpflanzen schwächt.
Auch in den privaten Garten kann sie daher zum Problem werden, besonders wenn konkurrenzschwache Zierpflanzen umschlungen und damit im Wachstum gehindert werden.
Den meisten könnte die Ackerwinde im eigenen Garten wohl gestohlen bleiben. Wer die Kletterin gerne wieder jenseits der Gartenmauern verbannen möchte, muss vor allem Ausdauer mitbringen. Andererseits sind Winden zwar hartnäckig, jedoch befallen sie meist nicht gleich den gesamten Garten, sondern beschränken sich auf selten gepflegte Ecken – darunter vor allem Gehölzgruppen, in welchen ihre dünnen Triebe vergleichsweise wenig Schaden ausrichten können.
Ihre tiefen Wurzeln und die Fähigkeit, immer wieder auszutreiben, gestalten ein vollständiges Ausmerzen der Ackerwinde schwierig. Bewährt hat es sich, die Triebe ab Frühjahr bis Herbst regelmäßig mit einer Hacke am Ansatz zu entfernen. Der abgehackte Trieb wird vertrocknen und absterben. Neuaustriebe müssen Sie konsequent entfernen. Je länger Sie durchhalten, desto mehr schwächen Sie das Wurzelwerk und irgendwann fehlt es der Pflanze an genügend Kraft, erneut auszutreiben.
Alternativ können Sie versuchen, die Triebe aus dem Boden zu ziehen, um dabei ein möglichst großes Stück Wurzel zu erwischen. Von Herbizid-Einsatz sollten Sie absehen, denn dieser schadet nicht nur der Winde, sondern auch den Kleinstlebewesen in ihrem Garten sowie den eigenen Zier- oder Kulturpflanzen – außerdem führt es in diesem Fall zu keinem höheren Erfolg als das Entfernen mit der Hacke.
Es spricht nichts dagegen, die Ackerwinde in einem gewissen Rahmen einfach zu akzeptieren und ihr etwas Raum im Garten einzugestehen. Gerade an Holz- oder Gitterzäunen stört die Winde schließlich keine anderen Pflanzen und verschönert sogar die ansonsten recht kahlen Ecken. Auch in etwas verwilderten Teilen des Gartens, zum Beispiel in alten Hecken oder zwischen großen Gehölzen kann sie keinen nennenswerten Schaden anrichten. Und mehr Toleranz für Beikräuter tut nicht nur den eigenen Nerven, sondern auch den tierischen Gartenbewohnern gut.
Auch wenn sie in gärtnerischen Kulturen stellenweise Probleme bereiten kann, spricht das der Ackerwinde noch lange nicht ihre Daseinsberechtigung ab. Wie jedes andere Lebewesen spielt auch sie eine wichtige Rolle im ausgeklügelten Zusammenspiel der Natur. Insekten profitieren beispielsweise von den Pollen und dem Nektar der Blüten. Es gibt sogar einige Ackerwinden-Spezialisten unter ihnen: Das Ackerwinden-Bunteulchen (Emmelia trabealis) ist ein Nachtfalter mit in einigen Bundesländern stark gefährdeten Beständen. Die Raupen des Schmetterlings benötigen Blätter und Blüten der Ackerwinde als Nahrungsquelle. Auch für Arten der in Mitteleuropa beheimateten Spiralhornbiene (Systropha) ist die Ackerwinde buchstäblich überlebenswichtig, denn die Bienen sammeln ausschließlich den Pollen der Gattung Convolvulus.
Sollten Sie die Ackerwinde stellenweise wachsen lassen, werden Sie zudem von Frühsommer bis Herbst mit den wohlduftenden Trichterblüten der Art belohnt. Ihre Farbe variiert zwischen Weiß und Hellrosa und besitzt oft noch aparte Seitenstreifen in dunklem Rot. An sonnigen Tagen öffnen sich die Trichter und strecken sich fröhlich dem Licht entgegen. Regen sagt die Winde oft schon morgens vorher – an Regentagen halten sie ihre Blüten weitsichtig geschlossen.
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