Ohne einen Weihnachtsbaum ist Weihnachten für viele Menschen nicht vorstellbar. Vom Symbol ewiger Lebenskraft, die nach dem kalten Winter zurückkehrt, bis zum festlichen Schmuck für die Weihnachtszeit – die Zweige von Tannen und anderen immergrünen Nadelbäumen hatten schon für unsere Vorfahren eine besondere Bedeutung.
Er ist lichterglitzernder Mittelpunkt des schönsten Festes: der Weihnachtsbaum. Woher er stammt, liegt allerdings größtenteils im Dunkeln. So rühmen sich viele seiner Erfindung.
Ausgerechnet beim Weihnachtsbaum, dem Symbol zum Fest der Liebe, sind sich die Historiker nur ganz selten mal grün. Viel zu weit liegt sein Ursprung zurück, um sicher datiert werden zu können. Und wenn selbst der Tag von Christi Geburt, der Ursprung der gesamten christlichen Festtradition, ungesichert ist – wie sollte dem grünen Hoffnungsträger da mehr Gewissheit widerfahren?
Christi Geburt immerhin wurde im 4. Jahrhundert – also ein paar Hundert Jahre nach dem Ereignis selbst – auf den 25.12. gelegt. Auch, weil wichtige heidnische Kulte und germanische Festtraditionen ihre Hauptfeiertage um dieses Datum herum hatten … Sie sollten, so entschied Kaiser Konstantin um 330 n. Chr. herum, auf möglichst schonende Weise christianisiert werden.
354 n. Chr. wurde dann in Rom der erste Weihnachtsgottesdienst gefeiert. Seit 813 gilt das Datum im deutschen Sprachraum als Feiertag. Wann aber wurde nun zur Feier des Tages der erste Nadelbaum geschmückt?
Häufig wird das Julfest der heidnischen Germanen als Ursprung genannt. Und tatsächlich haben die Germanen die immergrünen Zweige der Tanne wohl als Symbol ewiger Lebenskraft verehrt und sie zur Zeit der Wintersonnenwende vor ihren Häusern ausgelegt.
Eine echte Weihnachtsbaumkultur begründeten sie damit aber noch lange nicht. So rühmen sich heute verschiedenste Städte damit, den Erfinder des ersten echten Weihnachtsbaums hervorgebracht zu haben. In Freiburg kam im 15. Jahrhundert angeblich ein Bäcker auf die Idee, eine Tanne mit süßem Naschwerk, einen „Fressbaum“, zu dekorieren.
Auch widmet die lettische Hauptstadt Riga dem allerersten Weihnachtsbaum, der 1510 selbstverständlich auf ihrem Grund errichtet wurde, eine eigene Gedenktafel. Und wiederum zum ersten Mal konnten Menschen im Straßburger Münster einen geschmückten Baum bestaunen. Auch in Weimar gab es einen …
Sicher schriftlich belegt ist seine Existenz immerhin ab dem Jahre 1603: „Auff Weihnachten richtet man Dannenbäum zu Straßburg in den Stuben auff. Daran hencket man Rosen aus vielfarbigem Papier geschnitten, Äpfel, Oblaten, Zischgold (= goldglänzender Flitter aus dünnen Metallplättchen), Zucker etcetera.“
Kerzen waren damals noch kein Thema. Der erste „Lichterbaum“ stand wohl 1611 im Schloss der Herzogin Dorothea Sybille von Schlesien. Solch ein „aufgeputzter Baum“ versetzte dann auch die Menschen in Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ (geschrieben 1774) „in paradiesische Verzückung“.
Die teuren Wachskerzen für derartigen Glanz konnte sich anfangs allerdings nur der Adel leisten, erst durch die Erfindung von Stearin und Paraffin (1818 und 1830) gingen auch in den Stuben der einfachen Leute die Weihnachtslichter an.
Spätestens Thomas Mann erklärte in seinen „Buddenbrooks“ (1901) den Weihnachtsbaum dann zum Standessymbol des Volkes, der im Idealfalle bis zur Decke reichte – herausgeputzt mit weißen Lilien, Silberflitter und einem Engel auf der Spitze. Für ein derart herrschaftliches Erscheinungsbild war es natürlich unabdingbar, dass der Baum ordnungsgemäß auf dem Boden stand und nicht – wie es bis ins 20. Jahrhundert hinein zuweilen üblich war – kopfüber von der Decke hing.
Um dem geschlagenen Baum Halt zu verschaffen, wurden einfache Holzständer gezimmert, zuweilen wurde er auch durch das Griffloch eines Holzschemels oder durch ein Wagenrad hindurch in einen Topf mit Wasser gesteckt. In schlechten Zeiten musste auch mal eine übergroße, halbierte Futterrübe als Basis dienen – keine schlechte Idee eigentlich, die Feuchtigkeit hielt den Baum eine Weile lang frisch. Ein mit feuchtem Sand gefüllter Eimer tut es allerdings auch.
Derart konserviert, hält der Baum dann eine ganze Weile durch: Bei den Protestanten wird er meist am Dreikönigstag (6. Januar) entsorgt, bei den Katholiken aber bleibt er oft bis Maria Lichtmess (2. Februar) stehen.
Dann wird er, übrigens auch in Schweden, ordnungsgemäß durch die Haustüre hindurch hinausbefördert. Mit der Legende, nach der die Skandinavier ihre Bäume durchs Fenster fliegen lassen, wollte das Möbelhaus IKEA wohl seinen ganz eigenen Beitrag zur Geschichtsschreibung leisten.
Festlich geschmückt wurden die ersten Weihnachtsbäume mit Lebkuchen, Zuckerwerk und roten Äpfeln.
Die ‘Rote Sternrenette’ ist mit ihrer dunkelroten Fruchtschale und den markanten sternförmigen Korkporen der Weihnachtsapfel schlechthin.
Wegen ihres festlichen Aussehens und einer Lagerfähigkeit bis Mitte Januar wuchs sie, ihrem nur mäßigen Aroma zum Trotz, früher auf sämtlichen Bauernhöfen.
Die im Jahre 1830 erstmals beschriebene Sorte bekam allerdings bald Konkurrenz: Im Thüringer Wald hatten die Glasbläser stets gut daran verdient, Halsketten aus wachsgefüllten Glasperlen zu verkaufen.
Als sich die Mode der Damenwelt änderte und die Nachfrage einbrach, bliesen sie in ihrer Not die Glasperlen zu Apfelgröße auf, um sie als Christbaumschmuck zu vertreiben.
1848 gab es diese Kugeln dann bereits in drei verschiedenen Größen. Zwar waren sie damals noch mit gesundheitsschädlichem Blei und Silbernitrat ausgegossen – rein äußerlich glichen sie aber bereits unseren heutigen Weihnachtskugeln und fanden daher guten Absatz.
Antiker Christbaumschmuck ist heute übrigens im Historischen Weihnachtsmuseum in Neustadt bei Coburg zu bestaunen. In der historischen Altstadt von Rothenburg ob der Tauber gibt es ebenfalls ein Weihnachtsmuseum, das vielfältige Aspekte rund um das Weihnachtsfest und seine Geschichte vorstellt.
Ursprünglich stellte die Blau-Fichte die meisten Weihnachtsbäume. Auf der Suche nach einer weniger stechenden Alternative, deren Nadeln zugleich länger halten sollten, stieß man schließlich auf die Nordmanns-Tanne, die Alexander von Nordmann 1838 im Kaukasus entdeckt hatte.
Seit den 1960er Jahren wird sie in Kultur angebaut. Heute ist sie mit 71 Prozent Marktanteil unumfochtener Weihnachtsbaumchampion. Einige interessante Alternativen finden Sie jedoch in der Aufstellung oben. Übrigens galten in früheren Zeiten nicht nur Nadelbäume als adäquater Weihnachtsschmuck.
Insbesondere der immergrüne Buchsbaum hat eine ansehnliche Karriere als Christbaum hinter sich. Da er langsamwüchsiger und handlicher, im Kübel übers Jahr gesehen vielleicht auch hübscher ist als die bis zu 40 Meter hohen Blau-Fichten und Nordmanns-Tannen, wäre er eigentlich auch heute noch der ideale immerwährende Festbaum.
Kerstin Ackermann