Acer, Hydrangea, Pyrus – wenn es um botanische Pflanzennamen geht, sind viele Gartenfreunde schnell mit ihrem Latein am Ende, auch bei so geläufigen Gartenpflanzen wie Ahorn, Hortensie oder Birne. Gartenlatein (oder manchmal auch „Gartengriechisch“) ist aber längst nicht nur etwas für Profis, Nerds und Besserwisser.
„Interessierte Gartenfreunde können durchaus vom Gebrauch wissenschaftlicher Pflanzennamen profitieren“, sagt Holger Hachmann, Vorsitzender des Fachgremiums „Züchtung und Nomenklatur“ vom Bund deutscher Baumschulen e.V. (BdB). Auf den Gebrauch klangvoller deutscher Wörter wie Hundsrose (Rosa canina), Goldregen (Laburnum) oder Mönchspfeffer (Vitex) muss man dabei ja nicht verzichten.
„Auf der Suche nach einer bestimmten Pflanze stößt man mit Trivialnamen aber schnell an Grenzen. Sie sind nicht spezifisch genug und unterscheiden sich regional zum Teil erheblich.“ Bestes Beispiel ist die Butterblume. Damit können im deutschsprachigen Raum unzählige verschiedene gelbblühende Pflanzen gemeint sein.
Beim Pflanzenkauf im Ausland wird die Verwechslungsgefahr noch größer. Eine Stechpalme heißt in England umgangssprachlich „holly“ – in Frankreich „houx“. Unter ihrem botanischen Name Ilex kennt man sie hingegen weltweit, da die Pflanzennamen international gelten. Diese standardisierte botanische Benennung geht auf das im 17. Jahrhundert eingeführte binominale System von Carl von Linné zurück. Danach setzt sich der Name einer Pflanze aus der Gattung und der Art, der sie angehört, zusammen – ergänzt durch die Sorte.
So heißt die Pyramidenstechpalme botanisch Ilex (Gattung) aquifolium (Art) ‚Pyramidalis‘ (Sorte). Eine ausführliche und leicht verständliche Anleitung für Einsteiger bietet das Buch „Latein für Gärtner“ von Lorraine Harrison. Hier erfährt der Leser unter anderem, dass die Bedeutung der wissenschaftlichen Pflanzennamen oft mit ihrer auffälligsten Eigenschaft zu tun hat. Es überrascht daher nicht, dass die Filzrose, deren Blattunterseiten weiß behaart sind, botanisch Rosa tomentosa (filzig) heißt.
Pflanzen der gleichen Gattung können sehr unterschiedliche Wuchsformen ausbilden. Da dies für die Gestaltung des Gartens wichtig ist, lohnt es sich, auf Hinweise im botanischen Namen zu achten: Eine Pflanze kann repens (kriechend), strictus (aufrecht) oder scandens (kletternd) wachsen – wie die Glockenrebe Cobaea scandens, die bis zu drei Meter hoch werden kann.
Auch die Blütenfarbe findet sich häufig in den botanischen Bezeichnungen wieder: flavus (gelb), virens (grün), albus (weiß). Pelargonium bicolor ist, wie der Name verrät, eine Pelargonie mit zweifarbigen Blüten. Aber auch der Geruchssinn wird berücksichtigt. Begriffe wie aromaticus (aromatisch) oder fragrans (duftend) zeugen von einem intensiven Duft. Ob die Pflanze dulcis (süß), sapidus (angenehm), olidus (stinkend) oder sogar emeticus (Erbrechen auslösend) riecht – auch das geben die botanischen Namen in manchen Fällen preis.
Nicht immer benennen Botaniker Pflanzen ausschließlich nach ihren physikalischen Eigenschaften. Die Sterngladiole trägt den nicht ganz objektiven Namen Gladiolus callianthus (mit schönen Blüten). Auch persönliche Vorlieben und der Zeitgeist fließen in die Namensgebung ein.
Bis ins 19. Jahrhundert wurden besonders schöne Pflanzen „geadelt“, indem man ihnen Beinamen wie imperialis (kaiserlich, prächtig) oder nobilis (adelig, edel) verlieh. In manchen Fällen verewigte sich der Entdecker selbst im Namen einer attraktiven Pflanze. Ein bekanntes Beispiel ist die Humboldtlilie, Lilium humboldtii, die aus Kalifornien stammt.
„Da heutzutage Pflanzen aus aller Welt in unseren Gärten wachsen, ist es sehr aufschlussreich, wenn sich aus dem botanischen Namen das Herkunftsland ablesen lässt“, erklärt Hachmann. „Der Schnurbaum, Sophora japonica, stammt zum Beispiel aus Japan, ebenso wie die Strauchspiere Spiraea nipponica.“
Wer sich langsam an botanische Namen herantasten will, dem sei empfohlen, beim nächsten Besuch in einer Baumschule auf die Etiketten der Pflanzen achten. Dort sind nämlich die wissenschaftlichen Namen vermerkt. In manchen Fällen unterscheiden sich diese kaum von den Trivialnamen – Berberitzen etwa heißen Berberis, Buchsbaum Buxus und Rosen Rosa.
Bei Fragen hilft das Fachpersonal, denn Baumschulgärtner lernen in ihrer Ausbildung nicht nur die Eigenschaften von Pflanzen, sondern auch deren botanische Namen.
Quelle: BdB