Vor einigen Jahren brach ein regelrechter Stevia-Hype aus. Extrakte der Pflanze wurden mit allerlei positiven Zuschreibungen als natürlicher Zuckerersatz vertrieben. Doch nur wenige wissen, was hinter dem trendigen Süßungsmittel steckt. Wir stellen Ihnen die Steviapflanze und die Herkunft des besonderen Krauts genauer vor. Vielleicht ist sie ja auch etwas für Ihren Garten?
Stevia – voraussichtliche Lesedauer: 6 Minuten
Stevia (Stevia rebaudiana) ist eine Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Weitere gängige Bezeichnungen sind Süßkraut, Süßblatt oder auch Honigkraut.
„Stevia“ hat in den letzten Jahren vor allem als „natürlicher Zuckerersatz“ an Popularität gewonnen. Seit 2011 ist der aus den Blättern der Pflanze extrahierte Süßstoff in der EU offiziell als Lebensmittelzusatzstoff E 960 zugelassen. Verantwortlich für den süßen Geschmack sind die in den Pflanzen enthaltenen Stoffe, sogenannte Steviolglycoside. Der Süßstoff hat es übrigens in sich: Rund 300 Mal süßer als handelsüblicher Haushaltszucker soll er sein.
Hinweis: Trotz der Zulassung des Blattextrakts als Lebensmittelzusatzstoff ist der Verkauf der Steviapflanze nicht klar geregelt. In den meisten Gärtnereien wird das Kraut daher als Zierpflanze angeboten. Auch ganze Blätter dürfen nicht als Lebensmittel deklariert angeboten werden, da sie unter die sogenannte Novel-Food-Verordnung neuartiger Lebensmittel fallen.
Stevia rebaudiana gilt als Heilpflanze, die unter anderem antioxidativ, entzündungshemmend und blutdrucksenkend wirken kann. Die enthaltene Süße ist dabei völlig kalorienfrei, da die Steviolglycoside für Menschen unverdaulich sind. Auch Karies muss man nicht fürchten. Die süßen Blätter der Steviapflanze enthalten zudem verschiedene gesundheitsfördernde Vitamine und Mineralstoffe, darunter Vitamin C, Vitamin B1 sowie Eisen, Magnesium, Selen und Zink, außerdem sekundäre Pflanzenstoffe.
Der aus Stevia gewonnene Süßstoff, der in Lebensmittelprodukten zum Einsatz kommt, hat aber mit der Ursprungspflanze meist nur noch wenig zu tun und kann daher auch nicht mit den genannten vorteilhaften Inhaltsstoffen punkten. Bei der Herstellung werden die Steviolglycoside aus den Blättern durch ein mehrstufiges Verfahren extrahiert. Letztlich handelt es sich hierbei also nicht weniger um ein Industrieprodukt als es bei anderen raffinierten Zuckern der Fall ist.
Auch für Diabetiker*innen wird der Verzehr nicht uneingeschränkt empfohlen. Zwar bleibt der Blutzuckerspiegel stabil; ähnlich wie bei anderen Süßstoffen sollten derartige Produkte dennoch nur in Maßen konsumiert werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt, eine tägliche Einnahme von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht des Süßstoffes nicht zu überschreiten.
Die Heimat des Süßkrauts liegt in Südamerika. Im Hochland an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien finden sich natürliche Bestände der Art. Die Verwendung des Krauts als Süßungsmittel hat hier lange Tradition. Die indigenen Guaraní entdeckten die süßende Wirkung von Stevia rebaudiana und begannen bereits vor über 1.500 Jahren, die Wildpflanze als Heilkraut, zum Süßen von Mate-Tee oder verschiedener Speisen zu nutzen. Hierfür werden meist ganze Blätter der Pflanze getrocknet und anschließend zerkleinert.
Doch es sind fast ausschließlich andere, die vom traditionellen Wissen der Guaraní profitieren: Multinationale Großkonzerne wie Coca-Cola oder Cargill fahren durch die Kommerzialisierung von Stevia mitunter Millionengewinne ein.
Biopiraterie an Stevia & Co.
Es ist kein Einzelfall, wenn sich Großkonzerne den natürlichen Ressourcen und dem traditionellen Wissen indigener Völker bedienen, ohne einen finanziellen Ausgleich zu schaffen. Die Praktik wird als Biopiraterie bezeichnet, wobei Stevia nur eines von vielen Beispielen darstellt.
Und obwohl die UNO-Biodiversitätskonvention in derartigen Fällen eine Gewinnbeteiligung der indigenen Gemeinden vorsieht, ist die Durchsetzung meist mühsam und langwierig – auch im Fall der Guaraní, die bereits konkrete Verhandlungsforderungen an betreffende Firmen stellen.
Gartenwissen jetzt auch als Geschenkabo:
Beschenken Sie Ihre Liebsten oder sich selbst!
Die Stevia-Pflanze ist ein buschig wachsendes, mehrjähriges Kraut, dessen Triebe mit den Jahren nach und nach von unten her verholzen. In der Wuchshöhe erreicht das Süßkraut bis zu 100 Zentimeter. Die Blätter sind von frischgrüner Farbe und besitzen einen gesägten Blattrand.
Im Spätsommer bilden die Pflanzen ihre zierlichen, trugdoldigen Blütenstände aus. Bis zu 150 weißer Einzelblüten bringt eine einzige Pflanze hervor, die hauptsächlich durch Windbestäubung befruchtet werden.
Auch frisch gepflückt kann man die süßen Steviablätter verzehren. Nicht alle mögen allerdings den lakritzartigen Geschmack und leicht bitteren Abgang. Am besten einfach mal selbst probieren!
Sie können Stevia auch in hiesigen Breitengraden im eigenen Garten anbauen. Allerdings ist die Art nicht winterhart und wird daher entweder wie eine einjährige Beetpflanze gehandhabt, im Topf überwintert oder ganzjährig im Warm-Gewächshaus kultiviert – die Temperaturen sollten im Winter nicht unter 13 Grad Celsius fallen. Abgestorbene Triebe können im nächsten Jahr bodennah abgeschnitten werden, kurz bevor die Staude wieder austreibt.
Im Sommer benötigt das Süßkraut ausreichend Wasser, daher sollten Sie regelmäßig zur Gießkanne greifen. Ausgepflanzte Exemplare können mit Kompost, Topfpflanzen mit Flüssigdünger unterstützt werden.
In gemäßigten Klimazonen kann Stevia im Garten als einjährige Beetpflanze oder aber ganzjährig als Topfpflanze kultiviert werden. Möchten Sie das Süßkraut in eine Kräuterspirale integrieren, sollten Sie es etwa in der Mitte der Spirale einpflanzen, wo der Boden humos und frisch ist. Im Gartenfachhandel können Sie sowohl Jungpflanzen als auch Saatgut der Stevia erwerben. Die Sortenauswahl ist allerdings im Vergleich zu anderen Gartenkräutern noch überschaubar.
Während der Süßstoff unter anderem als Tafelsüße angeboten oder in Lebensmittelprodukten wie Getränken, Schokolade, Joghurt und Konfitüre zum Einsatz kommt, können Sie ganze Blätter des Süßkrauts ganzjährig (am besten jedoch vor der Blüte im Herbst) ernten, trocknen und verwenden – zum Beispiel für einen Tee oder zum Backen.
LUISA ROTH
Lesen Sie auch:
Kräuter für die Fensterbank – Arten für die Zimmerkultur
Das sind die Top-Themen: