Wenn Gemüseanbauer David Westwood aus Wakefield in West Yorkshire ganz still in seinem abgedunkelten Schuppen steht, hört er seinen Treib-Rhabarber wachsen. Jedes neue Blatt befreit sich mit einem leisen Plopp aus seiner Hülle. Das Ziel sind dicke Blattstiele – gebleicht und so zart, dass sie nicht geschält werden müssen.
Wer mit der Rhabarberkultur beginnen möchte, kauft kräftige, gesunde Jungpflanzen zuverlässiger Sorten und spendiert jeder etwa einen Quadratmeter Beetfläche. ‘The Sutton’, die mächtigste Sorte, bringt halb grüne, halb rote Stiele mit 90 cm Länge. Die bewährte ‘Holsteiner Blut’ bildet etwa 40–50 cm lange, außen rote Stangen. ‘Frambozen Rood’, sogenannter Himbeer-Rhabarbarber mit leuchtend roten Stangen treibt spät. Besonders früh ist ‘Esta’, und rotfleischige Stiele ernten Sie von ‘Red Valentine’.
Ab April reifen die Rhabarberstangen im Freien. Wenn es dann soweit ist – die Stiele stets abdrehen, nicht schneiden! Die Stängelreste faulen sonst leicht. Besonders kräftige Stangen ernten Sie von Pflanzen an sonniger Stelle in gutem, humosem, nährstoffreichem Boden. Der darf nie austrocknen – Rhabarber ist durstig!
Die traditionelle Erntezeit endet gegen Ende Juni. Dann enthalten die Stangen der meisten Sorten schon zu viel Oxalsäure, und die Stauden brauchen die restliche Zeit des Jahres, um sich zu erholen.
Ab April beginnt die reguläre Erntesaison der Stiele. Ungeduldige Rhabarber-Fans können die Stauden jedoch schon früher genießen. Das Prinzip: Sobald die ersten zarten Triebspitzen die Erdoberfläche durchstoßen, wird abgedunkelt. Unter der Abdeckung ist eine Erwärmung zu verzeichnen, so dass der Rhabarber viel schneller austreibt und oft bereits nach 4 Wochen geerntet werden kann. Jede kräftige Rhabarberstaude ist zum Treiben geeignet, sofern sie für einige Tage ordentlich Frost abbekommen hat.
Zum Vortreiben benötigen Sie einen großen, lichtdichten Eimer (Maurerkübel) oder – etwas stilvoller – einen sogenannten „Forcer“. Diese Treibtöpfe aus Terrakotta wurden speziell für Rhabarber entwickelt. Auch eine schwarze Folie kann zum Einsatz kommen.
Einfach abdunkeln und das war’s? Das Verfrühen und Bleichen direkt im Garten funktioniert ab Ende Februar tatsächlich so. Unter einer lichtdichten Abdeckung strecken sich die Stangen besonders und erhalten durch den Lichtmangel ein gutes Aroma.
Wer schon ab Januar ernten möchte, topft die Rhabarberstauden entweder schon ein Jahr zuvor in große Kübel ein oder gräbt im Herbst bzw. Winter einen kräftigen Wurzelstock aus. Beide müssen vor dem Antreiben eine gehörige Portion Frost erhalten haben. Dann bei 10 bis 15 Grad aufstellen, entweder hell im Gewächshaus oder in einem kühlen Wintergarten. So gibt es normal gefärbte Stangen, nur deutlich früher als in gewachsenem Boden.
Im dunklen Keller erzielen Sie lange, gebleichte Stiele mit leuchtend gelben Blattkrönchen – ganz besonders zart!
Die brauchen nach dem Treiben mindestens ein Freilandjahr bei guter Pflege und ohne Ernte, um sich von der kräftezehrenden Prozedur zu erholen.
Alle Sorten können angetrieben werden. Es empfehlen sich jedoch schnellwachsende, frühe Züchtungen wie ‘The Sutton’ oder ‘Esta’.
Im sogenannten Rhubarb-Triangle um die englische Stadt Wakefield wird Rhabarber seit gut 150 Jahren vorgetrieben – in abgedunkelten Hallen bei 13 Grad. Unter diesen Bedingungen strecken sich die Stangen und bleiben besonders zart. Deshalb wird der „Yorkshire Forced Rhubarb“ auch nur bei schummrigem Kerzenlicht geerntet.
Ab Dezember kommen starke, zweijährige Wurzelstöcke ins Dunkle. Die ersten Stiele sind dann ab Mitte Januar erntereif. Im März, wenn der Freiland-Rhabarber wächst, endet die Treibsaison.