Erst hat sie ihre Verwandte, die Haferwurzel, aus Küche und Beet verdrängt, dann geriet sie selbst in Vergessenheit. Doch allmählich wird die Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica, Familie der Korbblütler), früher noch als „Bergmannsspargel“ verunglimpft, salonfähig. Denn sie zählt zu den köstlichsten Wurzelgemüsen überhaupt. Und: Selbst mitten im Winter kommt sie frisch aus dem Garten auf den Tisch.
Haben Sie Schwarzwurzeln schon einmal selbst zubereitet? Das kann zu einem wahrlich unvergesslichen Erlebnis werden – aber nicht unbedingt nur im positiven Sinne.
Sicherlich, am Ende macht der kulinarische Genuss alle Mühen wett: Schwarzwurzeln locken mit einem einzigartig spargelähnlichen, aber kräftigeren, nussigen Aroma, sind aufgrund ihres hohen Ballaststoffgehaltes überaus gesund und kommen selbst mitten im Winter frisch aus dem Garten auf den Tisch.
Aber kaum ein anderes Gemüse wehrt sich so vehement gegen seine Zubereitung wie Scorzonera hispanica. Es sondert hartnäckig klebrigen Milchsaft ab, sobald man ihm mit dem Schälmesser auf die Pelle rückt.
Da hilft nur: Einweghandschuhe tragen und unbedingt vermeiden, dass etwas auf die Kleidung tropft. Mitunter fällt es ein wenig leichter, die Wurzeln erst kurz in Salzwasser anzukochen und dann die Rinde abzuziehen.
Ihre Wehrhaftigkeit war dennoch wohl nicht der Grund dafür, dass der Anbau der ursprünglich aus Südeuropa stammenden Schwarzwurzel in Deutschland und Europa nach 1770 kontinuierlich abnahm.
Sie war schlicht als Arme-Leute-Gemüse, als „Bergmannsspargel“ verpönt und wurde mehr und mehr durch „moderne“ Arten wie Kartoffel, Möhre und Spargel ersetzt. Mittlerweile feiert sie aber als überaus wertvolles Wintergemüse ihre Renaissance, hält gar als Delikatesse Einzug in die Küchen der Gourmetrestaurants.
Vielleicht steht diese Erfolgsgeschichte auch eines Tages der Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) bevor. Diese wurde im 18. Jahrhundert trotz ihres delikaten Aromas und der angenehm cremigen Konsistenz ihrerseits durch die Schwarzwurzel verdrängt. Denn Letztere lässt sich, ob ein- oder zweijährig kultiviert, unentwegt ernten und wird selbst im blühenden Zustand nicht holzig. Mit der Ernte der Haferwurzel dagegen ist es mit dem Erscheinen der ersten Blütenknospen schon vorbei.
Im Anbau sind sie sich Hafer- und Schwarzwurzeln sehr ähnlich: Die Aussaat erfolgt von März bis Mai in tiefgründigen, lockeren, humosen und nährstoffreichen Boden. Optimal ist sandiger Lehm. Ein steiniger oder verdichteter Grund und eine allzu frische Düngung haben die gefürchtete Beinigkeit, also Verzweigung der Wurzeln, zur Folge.
Die Saat gut feucht halten und die gerade ausgetriebenen Jungpflanzen auf etwa zehn Zentimeter vereinzeln. Achtung: Durch ihr schmales Laub sehen sie den Trieben junger Quecken zum Verwechseln ähnlich. Markieren Sie sich am besten die Reihen, in denen Sie gesät haben.
Die Ernte beginnt ab Oktober und dauert bei der Schwarzwurzel den ganzen Winter über an. Dazu schneiden Sie Ende Oktober die Blätter dicht über dem Boden ab und häufeln reichlich Laub über die Pflanze, damit der Boden nicht gefriert.
Und bitte vorsichtig ernten, da die Wurzeln leicht brechen. Am besten heben Sie einen kleine Graben aus, um die Wurzeln dann der Länge nach freizulegen.
Später in der Küche geht es – wie oben beschrieben – ans Schälen. Die frisch geschälten Wurzeln mit etwas Essig beträufeln, damit sie nicht unansehnlich braun anlaufen.
Für eine einfache Beilage schneiden Sie die Wurzeln dann in längere Stücke, lassen diese etwa 15 Minuten in Brühe garen und servieren sie, mit Muskat und Pfeffer gewürzt, in einer leichten Mehlschwitze. Köstlich!
Um diesen Wohlgeschmack erleben zu können, werden Sie um den eigenen Anbau allerdings kaum herumkommen. Insbesondere die Haferwurzel gibt es so gut wie nie als Gemüse im Handel. Und auch von der Schwarzwurzel finden Sie eher Samentüten im Gartencenter (fast ausschließlich die sehr empfehlenswerte Sorte ‘Hoffmanns Schwarze Pfahl’) als frisches Erntegemüse im Lebensmittelladen.
Häufiger wird sie, fertig gekocht und in mundgerechte Stücke geteilt, im Glas angeboten. Mit dem einzigartig typischen Schwarzwurzelgeschmack hat dieses „Schnippelgemüse“ allerdings nicht mehr viel gemein.
Kerstin Ackermann
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