Wer schon mal große Obstspaliere oder Kernobstspaliere erzogen hat, ist bestimmt ein sehr geduldiger Mensch. Nicht nur, dass es Jahre dauern kann, bei großen Wandspalieren auch Jahrzehnte, bis sie in ihrer vollen Pracht erstrahlen. Nein, zusätzlich ist in jedem Jahr häufiges Pinzieren nötig. Das heißt, junge Triebe werden noch im weichen Zustand eingekürzt, damit sie nicht zu lang oder zu kräftig werden, und damit sie früher Blütenknospen bilden. Darüber hinaus sollen sie sich verzweigen, damit viele kurze Triebe nah am Stamm oder den Gerüsttrieben entstehen. Sind es im Laufe der Jahre zu viele geworden, die sich gegenseitig bedrängen, ist ein gelegentliches Auslichten angebracht.
Wer über Grundkenntnisse im Obstbaumschnitt verfügt, wagt sich am besten zunächst an ein vorgeformtes, etwa drei bis vier Jahre altes Spalier. Das bekommen Sie bei Baumschulen oder im Gartencenter. Meist sind es Apfelbäumchen in Leuchterform mit zwei oder vier senkrechten Trieben, befestigt an einem leichten Bambusgerüst. Die behandeln Sie einfach nach unseren Schnittregeln. Ebenfalls nicht schwer ist die Erziehung eines Beerenobstspaliers aus Stachelbeere, Roter oder Weißer Johannisbeere. Hier sind die Schnittregeln ganz einfach: Alle Langtriebe, die zu Gerüstästen werden sollen, senkrecht oder waagerecht im gegenseitigen Abstand von mindestens 15 cm anheften, solange sie jung und biegsam sind.
Auch das fächerförmige Verteilen ist möglich. Alle Seitentriebe dagegen im Winter auf wenige Knospen einkürzen. Gerüstäste dürfen die Hälfte bis zwei Drittel ihres Neuzuwachses behalten. Tipp: Stachelbeeren nicht an allzu sonnigen Wänden kultivieren. Ist es ihnen mittags zu heiß und zu trocken, werden sie anfällig für Mehltau.
Gelingt Ihnen Ihr allererstes Spalier gut, wagen Sie sich doch mal an ein streng geformtes Spalier. Dafür eignet sich vor allen Kernobst. Je größer der einzelne Baum werden soll, desto stärker muss seine Wurzelunterlage, der Wildling, sein. Dieser Wurzelstock bestimmt nämlich, wie viel ein Apfel oder eine Birne pro Jahr maximal wachsen kann. Für leichte Böden wählen Sie mittelstarke bis starke Unterlagen (M 109, A 2). Für bessere Böden sind schwächer wachsende Unterlagen zu empfehlen (M 26, M 106).
Ihre Baumschule kennt weitere Unterlagen und weiß, welche Sorten auf welchen Wurzelstöcken auf dem vorhandenen Boden die gewünschte Wuchskraft mitbringen: Eine weitere wichtige Regel: Was zur Wand wächst wird entfernt, was nach vorn wächst, wird eingekürzt, damit Ihr Spalier sich von Anfang an flächig aufbaut. Erwünschtes Seitenholz, das ab seinem zweiten Jahr zum Fruchtholz werden soll, wird kurz gehalten. Langtriebe, die zu Gerüstästen heranwachsen sollen, lang belassen. Regelmäßig an der Rankhilfe befestigen, solange sie noch formbar sind. Um ihre Verzweigung zu fördern, kürzen Sie ihre Spitzen jährlich vor dem Austrieb etwas ein.
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