Vor dem Haus unseres Redakteurs Achim Werner stand in bester, sonniger Lage eine Rebe, die zwar regelmäßig und viel trug, mit ihrem Aroma aber nicht punkten konnte. Sie sollte durch eine andere Sorte ersetzt werden. Aber wozu eine neue Rebe pflanzen, wenn man die alte auch umpfropfen kann?
Kann man einen Rebstock tatsächlich umpfropfen? Grundsätzlich ist es kein Problem, eine Pflanze an Ort und Stelle zu ersetzen, denn bei Wein gibt es keine Nachbauprobleme durch Bodenmüdigkeit. Leider dauert es aber etliche Jahre, bis daraus wieder eine respektable Rebe wird.
Auf den Expertenseiten der LWG (Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau) in Veitshöchheim wird die sogenannte Standortveredlung bei Wein näher beschrieben. Gelingt diese, wachsen aus den Edelreisern der neuen (besseren) Sorte schon im selben Jahr meterlange Triebe, an denen im Folgejahr viele köstliche Trauben hängen.
Eine Standortveredlung bietet demnach einige Vorteile:
Das Garten-Experiment: Die ertragreiche Rebsorte ‘Arkadia’ (bereits an anderer Stelle vorhanden) sollte künftig auch an der Hauswand gedeihen. Es handelt sich um eine im September reifende, hellgrüne Tafeltraube. Keine kleinen Beeren mit hohem Kernanteil wie zuvor, sondern große, aromatische Früchte an schweren Trauben!
Das Ergebnis: Tatsächlich wuchsen aus einer einzigen Pfropfstelle zwei gut drei Meter lange Peitschen. Ein Trieb wurde dafür bestimmt, als Leitast das Regenfallrohr zu erklimmen, der andere erhielt einen Rückschnitt bis auf wenige Knospen – er soll von nun an Früchte tragen.
1 Ungewohnt: Beim Umpfropfen von Rebstöcken werden Reiser aus dem Vorjahr (braun) auf Neuaustriebe (grün) veredelt. Die Reiser schon im Winter schneiden und bei rund 4 °C aufbewahren.
2 Zum Kopulieren mit Gegenzunge schneidet man Ende Mai, Anfang Juni mit einem scharfen Messer zunächst Reis und Unterlage schräg an. Die Schnittflächen sollten gleich groß sein.
3 Im oberen Drittel beider Schnittflächen einen Längsschnitt im jeweiligen Trieb anbringen.
4 Dabei entstehen die sogenannten Gegenzungen. Vorteil gegenüber der einfachen Kopulation: Einmal ineinandergeschoben, muss das Edelreis beim Verbinden nicht festgehalten werden. Ideal zum Verbinden ist stark dehnbares Veredelungsband aus PE (z. B. von Schacht).
5 Nach einigen Wochen treiben die angewachsenen Edelreiser aus.
6 Damit der edle Austrieb nicht von der alten Sorte überwachsen wird …
7 … sollten alle Konkurrenztriebe während des Sommers regelmäßig ausgebrochen werden.
8 Geschafft! Edelreis (rechts) und Unterlage (links) sind fest miteinander verwachsen.
Sorte | Eigenschaften |
‘Arkadia‘ | gelb, sehr großbeerig, kernarm, saftig, süß, pilzfest, früh |
‘Arkadia Rozowa‘ | rosé bis rot, großbeerig, saftig, feinaromatisch, frosthart, pilzfest, sehr früh |
‘Galachad‘ | gelb, sehr großbeerig, saftig, feinfruchtig, sehr robust, sehr früh |
‘Kodrianka’ | blau, mittelgroßbeerig, große Trauben, wenig Kerne, feinfruchtig, robust, mittelfrüh |
‘Liwia‘ | rot, mittelgroßbeerig, große Trauben, Muskataroma, sehr süß, kernarm, robust, früh |
‘Muscat Bleu’ | blau, intensives Muskataroma, mittelgroße Beeren und Trauben, lockerbeerig, sehr robust, früh |
‘Suffolk Red’ | rot, mittelgroßbeerig, große Trauben, dünnschalig, kernlos, feinfruchtig |
‘Venus‘ | blau, mittelgroße Beeren, große Trauben, kernlos, robust, feinfruchtig, leichtes Erdbeeraroma, früh |
‘Vanessa‘ | rot, mittelgroße Beeren, große Tauben, feinfruchtig, kernlos, früh |
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