Das Schneiden Ihrer Weinreben erscheint Ihnen zu kompliziert? Das muss nicht sein. Auch Unerfahrene können die wesentlichen Prinzipien beim Schnitt anwenden. Grundsätzlich gilt: Der Ertragsschnitt wird am besten im Spätwinter durchgeführt. Im Sommer kürzt man lange Ranken und entfernt Geiztriebe in den Blattachseln.
Wenn Sie Ihre Weinreben im Winter schneiden, gibt es zwei unterschiedliche Methoden. Der Kordonschnitt (Zapfenschnitt) ist vor allem bei Reben an Mauern und Gebäuden üblich, der Bogrebenschnitt wird gerne an einem Spalier mit Querdrähten oder -latten angewandt.
Warum wird überhaupt geschnitten?
Nach der Pflanzung geht es zunächst um einen Erziehungsschnitt. In der Folgezeit beginnt im unteren Teil des Rebstockes der Ertragsschnitt, und im oberen Teil wird die Erziehung fortgesetzt. In der Regel ist der Stockaufbau im dritten Standjahr abgeschlossen.
Für den Ertragsschnitt (Winterschnitt) gilt: Durch einen starken Rückschnitt vor dem Neuaustrieb steigt die Qualität der Weintrauben und die Rebe bleibt vital. Die Ernte fällt zwar geringer aus, aber die Früchte werden dafür größer. Wird zu viel Holz an den Pflanzen gelassen, entstehen zahlreiche Seitentreibe mit Fruchtknospen. In der Folge werden zu viele Trauben gebildet, die die Pflanze nicht optimal entwickeln kann. Der Ertragsschnitt wird im späten Winter, vorzugsweise bis März, durchgeführt. Wählen Sie dafür einen frostfreien und trockenen Tag.
Das Basiswissen für den Ertragsschnitt
Die 1-2-3-Regel
Die Weinpflanze trägt an einjährigen Ruten (1, Bild oben). Diese wachsen aus zweijährigen Trieben (2), welche wiederum aus dreijährigem (oder älterem) Holz (3) entspringen.
Viele Sorten fruchten am kurz geschnittenen Tragholz, den so genannten Zapfen (A), die meist zwei Augen aufweisen. Eine Bogrebe (B) hat bis zu zwölf Augen.
Als Kordon (auch Haupttrieb oder Schenkel genannt) wird der mehrjährige, verholzte Teil des Weinstocks bezeichnet, auf dem die Zapfen geschnitten werden.
Spalierreben ermöglichen reiche Ernten auf wenig Wandfläche, denn es wird nur ein schmaler Korridor zwischen zwei Stockwerken oder zwei Fenstern benötigt. Einfahrten lassen sich mittels eines stabilen, straff gespannten Drahtseils ebenfalls überspannen. Der Länge sind dabei kaum Grenzen gesetzt, denn der Haupttrieb kann über viele Meter gezogen werden.
Auch eine romantische Begrünung eines Torbogens ist möglich Hier folgt der Hauptast aus altem Holz dem Radius des schmiedeeisernen Portals. Ist der Bogen hoch genug, darf sich der Neutrieb gerne lang machen.
Bei einem Waagerecht-Kordon wachsen Blätter und Früchte aus ein oder zwei horizontalen, streng formierten Stamm-Schenkeln. Auch T-Formen sind möglich – der senkrechte Stamm bleibt meist unbegrünt.
Ein senkrechter Kordon wird ähnlich erzogen wie ein horizontaler. Hierfür wird beispielsweise ein Seil vertikal gespannt, oder es werden drei Stränge mit einem Abstand von 30 – 40 Zentimetern gezogen, damit die jungen Triebe dort verankert werden können. Diese Erziehung eignet sich für hohe, schmale Flächen und bietet sich auch für eine Bekleidung von Säulen an.
Das Prinzip: Einjährige Triebe werden auf dem Kordon im gewünschten Abstand auf Zapfen (mit zwei bis drei Augen) geschnitten.
Vorgehensweise bei einem Waagerecht-Kordon:
Die Zapfen sollten möglichst immer oben auf dem Kordon positioniert sein. Abwärts und seitlich stehendes Holz ist zu entfernen, um grundsätzlich Triebe mit aufrechter Wuchsrichtung zu fördern. Alle 15 bis 30 Zentimeter wird ein Zapfen belassen.
Vorgehensweise bei einem Senkrecht-Kordon:
Stickel- oder Pfahlreben kann jeder erziehen, und sie gedeihen sogar in einem großen Kübel. Dafür wird etwa 1 Quadratmeter Fläche oder in der Reihe eine Standweite von mindestens 60 Zentimetern benötigt. Den Haupttrieb sollte man im ersten Jahr senkrecht wachsen lassen. Im zweiten Standjahr wird dieser in 60 bis 100 Zentimeter Höhe gekappt und auf 50 bis 90 Zentimeter Höhe von Seitenholz befreit. Zwei bis drei Triebe an der Spitze lässt man wachsen. Diese werden ab dem dritten Jahr auf Zapfen mit drei Augen geschnitten.
Dieser lange Schnitt bietet sich für einfache Spaliere mit mehreren Sorten an. Üblich ist die Erziehung einer einzelnen Bogreben-Etage. Möglich sind auch mehrere im Abstand von mindestens 60 Zentimetern.
Wird auf langes Fruchtholz geschnitten, also Fruchtruten statt Zapfen oder Strecker, müssen diese durch Biegen und Binden an einem Rahmen angebracht werden.
Im Weinberg sind gespannte Drähte üblich. Im Garten machen sich rustikale Spaliere aus Spaltholz besser. Der Pflanzabstand beträgt 1,2 Meter, die untere Rankhilfe für die Bogrebe sollte mindestens 50 Zentimeter über dem Boden angebracht sein. Die zweite, obere zum Heften des Neutriebs steht 50 bis 60 Zentimeter darüber.
Beim Bogrebenschnitt verbleiben an den Fruchtruten acht bis zehn Augen. Damit ein Spalier nicht zu dicht wird, bleibt nur etwa alle 80 Zentimeter eine Bogrebe stehen.
Die Faustregeln bei Erziehung und Schnitt:
Für den Stockaufbau werden stets nur 50 bis 60 Zentimeter des letztjährig gewachsenen Triebes stehen gelassen. So bleibt dem Trieb genügend Energie, um dick und kräftig zu werden.
Seitentriebe werden in der Anfangszeit ausgegeizt wie bei Tomaten, also von Hand ausgebrochen. Erst wenn der Rebstock die gewünschte Höhe erreicht hat, lässt sich die Rebe als Spalier- oder Pfahlrebe erziehen.
Die Fruchttriebe werden im Sommer an der Rankhilfe befestigt. Entfernen Sie dabei überflüssige Triebe und Blätter, die für eine starke Beschattung sorgen. Damit nicht zu viel Energie für das Längenwachstum verloren geht, kann man fruchttragende Ranken auf etwa fünf Blätter hinter dem letzten Fruchtansatz kürzen.
Triebe, die im Sommer aus dem unteren Stamm und der Pfropfstelle wachsen, sollten stets grün ausgebrochen oder abgeschnitten werden.