Die Stecklingsvermehrung zählt zu den sogenannten vegetativen Methoden der Pflanzenvermehrung, bei der aus einem Pflanzenteil eine neue, eigenständige Pflanze gezogen wird. Wir sprechen hier also von gärtnerischem Klonen. Hightech-Equipment braucht es aber nicht. Denn das Prinzip ist ganz einfach: Ein kurzes Triebende wird in Substrat gesteckt, wo es nach einiger Zeit Wurzeln ausbildet. Der beste Zeitpunkt, die richtige Stelle für den Schnitt, geeignetes Substrat und optimale Pflege – wir erklären, worauf es ankommt, damit die Methode klappt.
Pflanzen-Stecklinge sind nicht zu verwechseln mit Pflanzen-Ablegern. Denn während die Stecklinge zuerst noch Wurzeln bilden müssen, bezeichnen Ableger solche Triebe, die bereits an der Mutterpflanze eigenständig Wurzeln ausbilden. Man kann sie dann ebenfalls abtrennen und als neue Pflanze weiterkultivieren. Doch nicht jede Pflanze bildet Ableger. Für Profi- wie Hobbygärtner*innen ist die Stecklingsvermehrung daher eine schnelle, kostengünstige und zuverlässige Vermehrungsmethode.
Saatgut muss hier weder gekauft noch gewonnen werden. Außerdem wurzeln die Stecklinge meist rascher als Sämlinge derselben Art. Da die bewurzelten Stecklinge exakte Klone ihrer Mutterpflanzen sind, handelt es sich um eine sogenannte sortenreine Vermehrung. Merkmale wie Blütenfarbe, Fruchtqualität oder Krankheitsresistenz gehen also nicht verloren.
Voraussetzung für die Stecklingsvermehrung ist, dass die Pflanze bewurzelungsfähige Sprossteile besitzt. Was erst einmal kompliziert klingt, trifft eigentlich auf beinahe alle Gehölze, außerdem Kräuter, etliche Stauden und auch (tropische) Zimmerpflanzen zu. Eine exemplarische Auflistung von Pflanzenarten, bei denen die Stecklingsvermehrung erfolgreich sein sollte, haben wir an dieser Stelle für Sie zusammengestellt:
Bei diesen Pflanzen klappt die Stecklingsvermehrung:
Die Stecklingsvermehrung ist eigentlich immer einen Versuch wert – auch dann, wenn sie nicht explizit als Vermehrungsmethode der jeweiligen Pflanze in einschlägiger Fachliteratur genannt wird. Viel zu verlieren gibt es schließlich nicht!
Der ideale Zeitpunkt unterscheidet sich je nach Pflanzenart. Grob lässt sich jedoch sagen, dass die Stecklingszeit zwischen Anfang Mai und Mitte Juni liegt. Bei Gehölzen und Stauden im Freiland möchte man so die Wachstumsphase abpassen. Sobald die Pflanzen Blüten ansetzen, gelingt die Stecklingsvermehrung meist nicht mehr.
Am höchsten liegen die Erfolgschancen bei noch jungen Trieben, die aber bereits dabei sind, zu verholzen. Der ideale Steckling ist also noch grün und biegsam – dabei aber nicht zu weich oder gar instabil. Behalten Sie Ihre Pflanze ganz einfach im Auge und prüfen Sie den Verholzungsgrad mit den Fingern.
Die Mutterpflanze, von der Sie die Stecklinge entnehmen, sollte kräftig und gesund sein. Je nachdem, an welchem Teil des Triebes ein Steckling entnommen wird, wird in Kopf- und Teilstecklinge unterschieden. Für einen Kopfsteckling schneidet man die Triebspitze ab – und zwar so weit, dass das entnommene Stück zwei bis drei intakte Knoten (Nodien) sowie zwei bis drei unversehrte Blätter enthält. Knoten erkennen Sie als sichtbare Verdickungen am Stängel einer Pflanze, an dem Verzweigungen oder Blätter ansetzen. Andere Pflanzen können auch über Teilstecklinge, also ohne das Triebende, erfolgreich vermehrt werden. Den Verholzungsgrad sollten Sie hierbei aber, wie bereits oben beschrieben, besonders beachten.
Verwenden Sie geschärftes, sauberes Werkzeug. Für zartere Pflanzen ist ein Messer besser geeignet, für kräftigere Triebe eine Gartenschere. Setzen Sie den Schnitt jeweils leicht schräg unterhalb der tiefsten Knospe an, um das Wurzelwachstum dort anzuregen.
Dass der Steckling Blätter besitzt, ist deshalb wichtig, weil die Blattfläche das Triebstück weiterhin mit Energie versorgt. Auf der anderen Seite transpiriert über die Blätter natürlich auch Wasser. Der Steckling kann wiederum noch kein Wasser aufnehmen, da ihm schlicht die Wurzeln fehlen. Bei kleinblättrigen Pflanzen spielt das nur eine untergeordnete Rolle. Bei Pflanzen mit großen Blättern können Sie dieses Missverhältnis von großer Blattmasse und fehlenden Wurzeln etwas ausgleichen, indem Sie die Blätter anschneiden und auf diese Weise die Verdunstungsfläche verkleinern.
Gute Stecklingserde ist locker, kann aber auch gut Wasser halten. Nutzen Sie Anzucht- beziehungsweise Aussaatsubstrat. Auch eine eigene Mischung aus Kompost und Sand ist denkbar. Beim Stecken in Erde ist es dann wichtig, den Steckling beherzt anzudrücken.
In Anzuchtplatten gezogene Stecklinge lassen sich anschließend einfach vereinzeln.
[Foto: AdobeStock_M.Dörr & M.Frommherz]
[Foto: AdobeStock_DimaBerlin]
Für die spontane Stecklingsvermehrung zuhause darf es aber auch erstmal ein Wasserglas sein.
Prinzipiell können Sie Stecklinge auch in Wassergläsern ziehen. Die Wurzeln bilden sich hier meist sogar schneller. Allerdings kann dies bei einigen Pflanzen während des anschließenden Umzugs in Topferde zu Problemen führen, da sie sich mit diesen sogenannten Wasserwurzeln im Substrat zunächst nur schlecht versorgen können.
Wissen Sie, was gespannte Luft ist? Sie denken jetzt vielleicht an eine Meinungsverschiedenheit im Wohnzimmer oder in der Chefetage. Beim Gärtnern meint man damit aber etwas anderes: Es ist die Umgebung, die ein Pflanzensteckling braucht, bis er eigene Wurzeln gebildet hat und sich selbst mit Wasser und Nährstoffen versorgen kann. Schaffen lässt sie sich im Gewächshaus, Frühbeet oder Folienzelt durch reichlich Feuchtigkeit im Boden und in der Luft, durch geregelte Temperatur und Schattieren. Damit der zunächst wurzellose Steckling nicht austrocknet, ist in der kritischen ersten Zeit eine anhaltend hohe Luftfeuchtigkeit von entscheidender Bedeutung.
Tatsächlich sind die Ansprüche hier je nach Pflanze aber unterschiedlich hoch. Während es bei einigen genügt, die Stecklinge regelmäßig mithilfe eines Zerstäubers mit Wasser zu besprühen und das Substrat zu wässern, ist die Bewurzelung bei anderen derart heikel, dass es eben diese gespannte Luft zwingend benötigt.
Generell gilt aber: Je besser die Umgebungsbedingungen sind, desto höher ist die Anwachschance!
Im eigenen Garten lässt sich für die Staudenvermehrung gut ein Minigewächshaus nutzen, man kann es selbst bauen. Einfache Konstruktionen gibt es preiswert im Fachhandel. Wer nur einzelne Stecklinge aufziehen möchte, kann aber auch auf ganz simple DIY-Lösungen zurückgreifen: Unter transparenten Plastikflaschen oder sonstigen altem Verpackungsmaterial wachsen die Stecklinge im Nu an.
Erste kleine Blättchen zeigen schließlich die erfolgreiche Bewurzelung an. Meist geschieht dies nach zwei bis drei Wochen, manchmal dauert es auch etwas länger. Die Abdeckung kann kurz darauf vorsichtig gelüftet werden.
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