Die Wilde Möhre ist eine heimische Pflanzenart, die überraschend vielseitig daherkommt. Der hübsche Doldenblütler erweist sich im Naturgarten als äußerst genügsam und lockt darüber hinaus zahlreiche nützliche Insekten an. Und selbst in kulinarischer Hinsicht hat das Wildkraut einiges zu bieten.
Wilde Möhre pflanzen – voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten
Die Wilde Möhre (Daucus carota ssp. carota) prägt häufig das Bild sommerlicher Wildwiesen, in denen ihre flachen, weißen Blütendolden eine tolle Fernwirkung erzielen. An ihren Naturstandorten in Europa, Nordafrika und großen Teilen Asiens ist ihre markante Erscheinung auch an Wegrändern und an sonnigen Böschungen auszumachen. In botanischer Hinsicht handelt es sich um eine krautige Pflanzenart, die zu der großen Familie der Doldenblütler (Apiaceae) gehört.
Unsere Garten-Möhre, auch Karotte oder Gelbe Rübe (Daucus carota ssp. sativus) genannt, ist vermutlich (neben anderen eingekreuzten Arten) aus der Wilden Möhre hervorgegangen. Neuere Studien belegen, dass die Vorfahren des beliebten Wurzelgemüses aus Regionen des heutigen Iran und Afghanistans stammen.
Etwas Vorsicht ist angebracht: In der Natur kann die Art leicht mit anderen weiß blühenden Doldenblütlern verwechselt werden, die überaus giftig sind. Allen voran mit der Hundspetersilie und dem Gefleckten Schierling.
Bei der Wilden Möhre handelt es sich um eine zweijährige Pflanze, die eine Wuchshöhe von bis zu einem Meter erreichen kann. Ihre Stängel sind aufrecht, borstig behaart und gefurcht.
Im ersten Jahr bildet die Art lediglich eine bodenständige Blattrosette aus. Erst im darauffolgenden Jahr – von Juni bis September – zeigen sich weiße, doppeldoldige, flach gewölbte Blüten, die bis zu acht Zentimeter breit werden können.
Die Laubblätter von Daucus carota sind im Umriss spitz dreieckig und zwei- bis vierfach gefiedert. Wenn man sie zwischen den Fingern zerreibt, verströmen sie einen möhrenartigen Duft. Der Gefleckte Schierling und die Hundspetersilie riechen hingegen unangenehm ammoniakartig. In diesem Punkt besteht also keine Verwechslungsgefahr.
Beim Aufblühen, bei nasser Witterung und zur Fruchtreife ziehen sich die Strahlen des Blütenstandes zusammen – die Dolde vertieft sich in der Mitte vogelnestartig. Diese Nestform der Blüte ist ein weiteres, wichtiges Bestimmungsmerkmal der Wilden Möhre.
Eine Besonderheit liefert einen zusätzlichen Hinweis auf die Echtheit der Art: Im Zentrum der Blütendolde zeigt sich oft eine dunkelviolette oder schwärzlich gefärbte Stelle, der sogenannte Anthocyanpunkt.
Vielfältige Doldenblütler
Neben den bereits erwähnten „gefährlichen“ Vertretern sind unter den Doldenblütlern auch etliche beliebte Gewürze zu finden, wie zum Beispiel Dill, Anis und Kerbel. Außer der Möhre gibt es in der Pflanzenfamilie auch andere beliebte Wurzelgemüsearten – Pastinaken, Sellerie und Fenchel haben es ebenfalls mit Leichtigkeit in die Küche geschafft.
Die Wilde Möhre steht bei Insekten hoch im Kurs – Bienen, Blattwespen, Käfer und Fliegen aller Art stellen sich gerne ein. Dazu gehören selten gewordene Wildbienen und blattlausvertilgende Blumenwanzen. Ihre Blätter sind zudem eine wichtige Nahrungsquelle für die Raupen des spektakulären Schwalbenschwanzes, der in Deutschland eine besonders geschützte Falterart darstellt. Das muntere Treiben wirkt sich auch positiv auf die Nutzpflanzen im Garten aus. Es gibt Hinweise, dass die Tomatenernte reicher ausfällt, wenn Daucus carota in der Nähe gedeiht.
Um hohe Besucherzahlen zu erzielen, wendet die Pflanze einen erfolgreichen „Marketingtrick“ an: Mit Hilfe des Anthocyanpunktes in der Blütenmitte gaukelt sie vorhandene Kundschaft vor – geflügelte Passanten sollen dadurch ihre Attraktivität erkennen und zur Landung ansetzen.
Natürlich steht die Wildpflanze nicht in echter Konkurrenz mit der Kulturkarotte – sie stellt aber dennoch eine Bereicherung im naturnahen Garten dar. Die Art bevorzugt einen sonnigen und offenen Platz. Darüber hinaus sind ihre Ansprüche an den Standort nicht besonders hoch. Im Idealfall ist der Boden nährstoffreich, durchlässig und kalkreich. Jedoch kann sie sich auch mühelos an ungünstige Bodenverhältnisse anpassen, sofern nicht gerade Staunässe vorherrscht. Auf einem lockeren Untergrund bildet die Pflanze gerne tiefe Pfahlwurzeln aus, womit sie trockene Phasen gut überstehen kann.
Die Wilde Möhre ist ein Kaltkeimer. Sie wird daher im zeitigen Frühjahr (März, April) oder Herbst ausgesät – Temperaturen um die 5 Grad Celsius sind für die Keimung ideal. Legen Sie die Samen für etwa eine Woche in den Kühlschrank, wenn Sie die Anzucht auf der Fensterbank vornehmen möchten. Das Saatgut wird dünn und in flachen Reihen ausgebracht und anschließend leicht mit Erde bedeckt.
Tipp: Für eine Trockenwiese können Sie die Samen mit anderen Arten mischen und breitwürfig ausbringen. Während der Keimzeit halten Sie die Erde gleichmäßig feucht, aber nicht nass. Eine spätere Düngergabe ist bei der Wilden Möhre meist nicht erforderlich.
Obwohl Wildpflanzen häufig lediglich als „Unkräuter“ wahrgenommen werden, liegt ihre Verwertung im Trend. Die Wilde Möhre passt hervorragend in die gesunde Küche, da sie eine Vielzahl an wertvollen Inhaltsstoffen liefert. Dazu gehören ätherische Öle, Flavonoide, Vitamine (C, B1 und B2) und Mineralien, insbesondere Kalium. Ihre dünnen Wurzeln lassen sich in geschmacklicher Hinsicht durchaus mit der Kulturmöhre vergleichen, wenngleich sie durch ihre weiße Farbe weniger Carotinoide enthalten.
Nahezu alle Pflanzenteile von Daucus carota sind essbar:
Die medizinische Verwendung der Wilden Möhre lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Sie wurde unter anderem als wurmtreibendes Mittel und als Aphrodisiakum eingesetzt. Der Pflanze wird darüber hinaus eine entgiftende Wirkung zugeschrieben. Sie kann sich bei Nieren- und Blasenleiden als hilfreich erweisen und soll zudem Durchfallerkrankungen und Magenverstimmungen lindern. Die berühmte englische Kräuterbuchautorin Juliette de Baïracli Levy empfahl die Blätter sogar als Bestandteil eines Ernährungskonzepts bei Diabetes.
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