Begonnen hatte es einst mit einer Hexe, deren Flugkünste noch nicht ganz ausgereift waren. Auf ihrem Besen geriet sie ins Trudeln, das Fluggerät landete im Geäst eines Baumes und schmückte dessen Krone fortan als besonders dichter Reisigbüschel … Alles Aberglaube bei der Form des Kugelbaumes?
Nun, Hexenbesen sind gar nicht so selten, sitzen vor allem in Birken und Tannen und sind aber, zugegeben, meist wohl doch auf Mutationen eines Triebes am Baum zurückzuführen. Hier verursachen Pilze und Viren, manchmal auch spontane, grundlos auftretende Genmutationen – eine sogenannte Zweigsucht.
Ästlein um Ästlein sprießt hervor und bildet ein Knäuel, das einem Besen älterer Machart tatsächlich ähnlich sieht. Irgendwann kamen findige Gärtner auf die Idee, diese Laune der Natur für sich zu nutzen. Ein exquisites Kugelgehölz war schon vor der Zeit der französischen Barockgärten der letzte Schrei – und der Hexenbesen versprach äußerst kompakte Kugeln, ohne je aus der Form zu geraten. Wie von Zauberhand!
So wurden also Hexenbesen zum Beispiel von Ahorn oder Trompetenbaum auf hochstämmige Unterlagen gepfropft, bei einigen Koniferen landeten sie auf Unterlagen mit guter Wurzelbildung … Gartenpflanzen wie Kugel-Ahorn ‘Globosum’, Kugel-Trompetenbaum ‘Nana’ oder Zwergkiefer ‘Minimops’ waren geboren. » Der Hausbaum – eine Liaison fürs Leben
Heute tummeln sich kugelige Zwergkoniferen vorzugsweise im Steingarten, während ihre hochstämmigen, laubtragenden Verwandten als Hausbaum äußerst beliebt sind. Neben ihrer strukturierenden Wirkung werden die gängigen Kugel-Bäume (dazu zählen u. a. Kugel-Steppen-Kirsche ‘Globosa’ und Kugel-Robinie ‘Umbraculifera’) in unmittelbarer Gebäudenähe auch deshalb so geschätzt, weil sie erst spät austreiben und recht früh das Laub wieder verlieren.
Diese Kugel-Bäume lassen also viel Frühlings- und Herbstsonne durch, spenden dank dichter Verzweigung im Sommer aber kühlenden Schatten. Zudem nisten und zwitschern in den vielen Astgabeln gerne die Vögel … auch für den Lieblings-Sitzplatz ist ein schönerer Schattenspender kaum denkbar.
Nur wer noch dazu einen opulenten Flor erwartet, könnte enttäuscht werden: Die veredelten Kronen blühen eher unauffällig bis gar nicht und setzen voll und ganz auf ihre ornamentale Wirkung. Dabei stellen sie weder an Standort noch Pflege erwähnenswerte Bedingungen. Kugel-Trompetenbaum und Kugel-Robinie sind allenfalls windanfällig – dafür gedeiht letztere selbst auf kargstem Sandboden ganz ausgezeichnet.
Zu berücksichtigen ist also vor allem der Platzbedarf, denn die Kugel-Kronen bilden Durchmesser von 1,5bis 6 Metern. Wie hoch der Baum insgesamt wird, hängt entscheidend von seiner Stammhöhe (der Veredelungshöhe) ab, die meist zwei Meter beträgt. Wem der Kugel-Ahorn nach Jahren doch über den Kopf wächst, der kann nach Herzenslust, am besten im Winter, doch mal die Schere ansetzen – oder zu Kleinwüchsigeren wie der Kugel-Eiche ‘Green Dwarf ’ greifen.» Alleen – mit großen oder kleinen Bäumen
Wer es schlanker braucht, setzt auf Gehölze in Kegel- oder Säulenform. Auch bei ihnen gibt es eine ganze Fülle „formvollendeter“ Sorten. Raketen-Wacholder ‘Blue Arrow’ zum Beispiel ist bekannt – kaum ein Heidegarten kommt ohne ihn aus. In ihrer Wirkung und Verwendung ähneln die schlanken Gestalten erstaunlicherweise den Kugeln: Als Höhepunkt im Staudenbeet halten sie den Blick fest, der über eine niedrige Pflanzung rasch dahinhuschen würde.
Als Mittelpunkt eines Rondells oder Wegekreuzes betonen sie deren Geometrie. Zugleich aber sind sie sich nicht zu schade, den Rahmen für ein Kunstobjekt, etwa links und rechts der Sonnenuhr, zu bilden. Auch Besucher empfangen sie, als Posten an der Gartenpforte gesetzt. Und geleiten sie, wenn sie sich als Wiederholer durch den Garten ziehen, entlang des Weges. Als wiederkehrendes Element haben sie dabei eine beruhigende Wirkung, verleihen dem Garten einen stimmigen Charakter.
Damit das so bleibt: Bitte nicht Kugeln, Kegel und Säulen kunterbunt mischen – eine prägende Leitform sollte stets zu erkennen sein. Übrigens sind auch die Säulen- und Kegel-Gehölze ursprünglich ein Geschenk der Natur. Baumschulen erkannten das Potenzial besonders schlanker Mutationen und vermehrten sie als eigene Sorten weiter.
Um bei weiteren Baumarten natürliche Kegel, Säulen oder gar Kugeln entstehen zu lassen, müssen wir also warten, bis die Natur wieder in Spendierlaune ist. Oder… Sie schauen nach der nächsten Walpurgisnacht mal genau hin. Mit viel Glück ist der Hexenbesen diesmal im Buchsbaum gelandet.
Auch die Hängeformen unserer Bäume gehören zu den Formgehölzen. Doch statt klare Akzente zu setzen, dienen sie eher als Weichzeichner: Wenn ihre langen Schleppen grelle Farben oder harte Konturen umspielen, wirken diese gleich viel weniger scharf.
Optimal kommen Hänge-Weide (Salix alba ‘Tristis’) oder Trauer-Birke (Betula ‘Youngii’) aber zur Geltung, wenn ihre malerischen Triebe auf eine ebene Fläche wie Rasen oder Wasser herabwallen können. Ausgefallenere Gehölze sind die Trauer-Maulbeere (Morus ‘Pendula’) mit essbaren Früchten und die Hänge-Buche ‘Purpurea Pendula’ mit schwarzrotem Laub.
Kerstin Ackermann