Sie war ein wenig in Vergessenheit geraten, die zierliche Staude mit den kleinen, nostalgischen Blüten. Nun kommt die Nelkenwurz aktueller denn je zurück: in neuen, aufregenden Farben, aber genauso unkompliziert und schneckenfest wie ehedem.
Nein, es ist wohl schlicht unmöglich, nicht jedes noch so ausgefallene Farb-Faible mit einem passenden Geum zu krönen: Da wären zum Beispiel jene Sorten mit aparten, einfachen Schalen in pudrigem Hellgelb um ein Zentrum grünlich-goldener Staubgefäße. Daneben duftig gefüllte, zartrosa Blüten mit Farbverläufen bis hin zu dunklem Pink, nickende Glöckchen in Apricot mit gefransten Säumen oder lachsfarbene, gerüschte Rosetten. Allesamt sehr romantisch, leicht und verspielt – und damit mühelos in Kombinationen mit anderen Stauden zu integrieren.
Wer solch pastelligen „Unterrockfarben“ dagegen wenig abgewinnen kann, findet im Geum-Sortiment viele kraftvolle Alternativen in sonnigem Gelb, leuchtendem Orange oder flammendem Rot. Farben, die in der Rabatte starke Akzente setzen, jedoch im Falle der Nelkenwurz niemals aufdringlich wirken. Zu filigran ist die Pflanzengestalt, zu zierlich sind die Einzelblüten. Erst wenn diese gleichsam in Schwärmen an den dünnen, drahtigen Stängeln über die Beete wirbeln, entfaltet die wildhafte Staude ihr ganzes gestalterisches Potenzial. Pflanzen Sie die Nelkenwurz daher möglichst in kleinen Trupps an einen sonnigen bis lichtschattigen Standort mit lehmig-humosem, überwiegend leicht feuchtem Boden.
Dort malt sie dann mit Wiesen-Iris (Iris sibirica), Jakobsleiter (Polemonium), Trollblume (Trollius), Berg-Flockenblume (Centaurea montana), Akeleien, hohen Primeln und Vergissmeinnicht frühsommerlich beschwingte Szenerien. Die Hauptblüte beginnt im Mai und setzt sich bis in den Sommer fort. Teils folgt nach Rückschnitt sogar noch eine herbstliche Nachblüte. Die kompakte Wuchsform der Staude mit 15–50 cm hohen Stengeln über den flach am Boden liegenden Blattrosetten kommt allen Pflanzenbegeisterten durchaus zupass. So findet sich immer noch ein Plätzchen für ein neu ergattertes Exemplar. Und da hat sich viel getan in den vergangenen Jahren.
Wiederentdeckte Klassiker im Geum-Sortiment
Altbekannte Sorten wie die samenvermehrbaren Geum chiloense ‘Mrs Bradshaw’ (syn. ‘Feuerball’) und ‘Lady Stratheden’ (syn. ‘Goldball’) wurden für den Garten ebenso wiederentdeckt wie die prächtigen Geum x cultorum ‘Red Wings’ (hellrot, halbgefüllt) und ‘Prinses Juliana’ (leuchtend orange, halbgefüllt). ‘Prinses Juliana’ hat sich übrigens als besonders langlebig erwiesen. Sie hält zehn Jahre und mehr am selben Standort aus. Wie auch die verlässlichen Klassiker Geum coccineum ‘Borisii’ und ‘Werner Arends’ oder Geum x heldreichii ‘Georgenberg’ spielen diese Sorten aber vorrangig im gelb-orangeroten Spektrum.
Erste Blicke in neue Farbwelten taten sich mit Züchtungen wie ‘Bell Bank’ auf, einer Hybride mit halbgefüllten, leicht gerüschten Blüten in Lachsrosa. Aktuelle Neuzugänge, insbesondere aus England und den USA, lassen auf noch mehr ungewöhnliche Nuancen hoffen. Da wären z. B. ‘Cosmopolitan‘ mit cremefarbenen, rot gesäumten Röschenblüten, ‘Mai Tai’ in blassem Apricot mit gelb-roter Mitte, ‘Gimlet’ in hellem Zitronengelb, ‘Mango Lassi’ in sanften Mango- und Pfirsichtönen oder ‘Tequila Sunrise’ mit wechselndem Farbenspiel von Zartrosa nach Limonengelb. All diese Hybriden blühen mehr oder weniger stark gefüllt und strahlen den Betrachter direkt an.
Dagegen tragen Sorten, die vor allem der Bach-Nelkenwurz (G. rivale) entstammen, ihre Bütenköpfe in nickender Haltung. Das verleiht ihnen eine besondere Anmut. ‘Lichtquell’ (leuchtend gelb) und ‘Lionel Cox’ (cremegelb mit braunroten Stängeln) zählen dazu. Ebenso ‘Pink Frills’ mit gefransten, rosa Glöckchen und die alte ‘Leonard’s Variety’ in kupfrigem Rosa. Entsprechend ihrer Herkunft haben sie es gern noch feuchter als andere Geum. Nur ‘Flames of Passion’ (hellrot, halbgefüllt, mit dunklen Stängeln) toleriert auch trockenere Standorte. Angesichts dieser Fülle fällt die Wahl einer Lieblingssorte fürwahr schwer. Da erscheint es fast als Glück, dass viele Neuheiten noch nicht so leicht zu bekommen sind!Saskia Richter
Nelkenwurzen erleben in den Gärten gerade einen kleinen Boom. Woran das liegt, verriet uns Ulrike Bosch von AllgäuStauden.Mir scheint, Nelkenwurzen sind ein Renner auf Pflanzenmärkten … Das wundert mich nicht: Auch wir verkaufen direkt am Stand deutlich mehr als z. B. über unseren Online-shop. Offensichtlich will Geum von den meisten Kunden unmittelbar erlebt und entdeckt werden. Viele kennen noch aus Kindertagen das wilde Blutströpfchen bzw. die Bach-Nelkenwurz, die auf den fetten Böden hier im Allgäu überall auf feuchten Wiesen und an Bachläufen wächst. Sehen die Leute dann, mit welch leuchtenden Farben die neuen Garten-Züchtungen aufwarten, sind sie beeindruckt!
Ich denke schon: Die Blüten der Nelkenwurzen sind ja eigentlich sehr simpel. Aber gerade diese Schlichtheit in Kombination mit der spektakulären Farbgebung kommt an. Die halbgefüllten Sorten in eher pastelligen Tönen wirken zudem sehr romantisch.Gleichzeitig gibt es nur wenige wildhafte Stauden, die das gelb-orange-rote Spektrum so gut abdecken. Nicht zuletzt sind Nelkenwurzen völlig winterhart und einfach sehr unkompliziert im Garten. Sogar die Schnecken ignorieren sie!
Ja, sofern Sie ihnen ein Plätzchen in der Sonne oder in lichtem Schatten auf gutem, mehr oder weniger feuchtem Gartenboden reservieren. Wir haben hier mit den neuen Züchtungen allesamt sehr gute Erfahrungen gemacht. Gärtnern Sie dagegen auf leichtem Sandboden, können Sie es mit Geum-Chiloense-Hybriden versuchen. Die vertragen mehr Trockenheit. Allerdings ist es bei vielen Sorten gar nicht so einfach herauszufinden, welche Arten letztlich an der Züchtung beteiligt waren … Und nach der Blüte? Da empfehle ich, die Stauden beherzt bis zum Boden zurückzuschneiden. Sie treiben danach wieder durch, und das frische Laub sieht noch lange Zeit gut aus – übrigens auch im Winter: Geum zählt zu den wintergrünen Stauden. Die Blätter haben zwar keinen ornamentalen Schmuckwert, aber immerhin. Durch den Rückschnitt wird außerdem die Selbstaussaat verhindert. Das ist wichtig, um die Sorten rein zu erhalten. Einige Nelkenwurzen treiben zudem eine Nachblüte. Am zuverlässigsten zeigt sich hier das niedrig bleibende Geum montanum ‘Diana’, das im September nochmals seine großen, goldgelben Schalenblüten öffnet. Die Sorte hat sich zudem als robust und wüchsig bewährt.
Alle vier bis fünf Jahre sollte die Nelkenwurz geteilt werden, sonst leidet ihre Vitalität und Blühfreude. Gleichzeitig lässt sich die Staude so vermehren: Den Horst im Frühjahr oder im Sommer nach der Blüte mit der Grabegabel aus dem Boden heben und in mehrere Stücke zerteilen. Vergreiste, holzige Partien dabei ausschneiden. Nur die jungen, wüchsigen Teile werden neu gepflanzt. Pflanzen Sie Nelke an anderer Stelle in frischen, gut mit Kompost verbesserten Boden.