Der deutsche Name der Staude des Jahres 2020 – Rutenhirse – kann leicht auf die falsche Fährte führen. Er klingt nicht spektakulär und er klingt nicht nach einem eindrucksvollen Ziergras. Doch die Rutenhirse (Panicum) ist zurzeit ein Star in der Gartengestaltung. Sie ist eine pflegeleichte Pflanze, die zum Ende der Gartensaison besonders attraktiv ist. Kein Wunder, dass sie vom Bund deutscher Staudengärtner zur „Staude des Jahres 2020“ gekürt worden ist.
Die Rutenhirse ist robust, attraktiv und trockenheitsverträglich, sie wird gerne als Strukturpflanze und in Präriepflanzungen verwendet, und sie passt in moderne Gärten genauso gut wie in Naturgärten. Manche haben klangvolle Namen wie ’Northwind‘, ’Thunder Cloud‘, ’Warrior‘, ’Buffalo Green‘, ’Shenandoah‘ oder ’Cheyenne Sky‘.
Außerdem erfreut die Staude des Jahres 2020 Gartengestalter, Gartenbesitzer und Gräserliebhaber mit vielen neuen und beeindruckenden Sorten. Viele der Neuheiten wurden in den letzten Jahren an 17 verschiedenen Sichtungsstandorten in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf ihre Eignung für den Garten getestet. Unter www.staudensterne.de können die Stars am Staudenhimmel dann genauer kennengelernt und verglichen werden.
Der Gartenwert neuen Staudensorten kann sich beträchtlich unterscheiden. Deshalb gibt es die Staudensichtung. Sie bietet Orientierung im Sortendschungel. Bei der Staudensichtung prüfen unabhängige Expertinnen und Experten bewährte und neue Sorten über mehrere Jahre intensiv auf ihren Gartenwert.
Zu den Bewertungskriterien zählen unter anderem Attraktivität, Gesundheit, Standfestigkeit und Langlebigkeit. Die besten Sorten werden je nach Ergebnis mit einem, zwei oder drei Sternen ausgezeichnet.
Bernd Hertle hat den Aufstieg der Gattung Panicum über die Jahre genau verfolgt. Er ist Professor für Freilandzierpflanzen an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und er ist auch Vorsitzender des Arbeitskreises Staudensichtung. Über aktuelle Entwicklungen in der Züchtung und in der Pflanzenverwendung ist Bernd Hertle deshalb immer auf dem Laufenden. Die Staude des Jahres 2020 kennt er gut:
„Meine erste Begegnung mit der Rutenhirse hatte ich zu Beginn meines Gartenbaustudiums im Sichtungsgarten von Weihenstephan“, berichtet Hertle. „Dort stand inmitten einer prachtvollen Asternpflanzung die Panicum–virgatum-Sorte ’Strictum‘ – eine aufrecht wachsende, sehr standfeste Auslese mit rotbraunen Blütenständen.“
„Ihre Halme verfärben sich im Herbst leuchtend gelb“, so Hertle. „Sie war 1950 die erste hierzulande erhältliche Sorte und stammte von Karl Foerster selbst – dem berühmten Staudengärtner und -züchter, der ja die Gräser überhaupt erst in den Fokus der Gartengestaltung gerückt hat.“
Heute leitet Bernd Hertle die Weihenstephaner Gärten. Die Rutenhirse gehört dort längst zum festen Inventar. „Auf die drei, vier Panicum-Sorten meiner Studentenzeit folgte vor etwa 20 Jahren ein regelrechter Gräserboom, als der Präriestauden-Trend aus den USA nach Deutschland schwappte“, erinnert sich der Staudenexperte.
Diese Entwicklung führte dazu, das Sortiment genau unter die Lupe zu nehmen: Im Rahmen der Staudensichtung wurden darum circa 30 Sorten aufgepflanzt und über einen Zeitraum von vier Jahren regelmäßig bewertet.
Auch Weihenstephan ist einer der Standorte, an dem Stauden auf ihren Gartenwert geprüft werden. Die Gärten in Weihenstephan gehören zur Hochschule und dienen der Lehre und Forschung. Sie können auch von Garteninteressierten besucht werden.
Die Ergebnisse der Staudensichtung bestätigen die herausragenden Qualitäten insbesondere vieler Echter Rutenhirsen (Panicum virgatum). „Sie sind wunderschön, gestalterisch anpassungsfähig und absolut pflegeleicht“, fasst Bernd Hertle zusammen.
Als sogenannte Late-Season-Grasses entwickeln sie sich im Frühjahr etwas langsamer und blühen erst im Juli/August, sehen dann aber umso prächtiger aus.
Die Halme der Staude des Jahres 2020 sind von großer Farbenvielfalt. Sie sind grün, graublau oder glänzen schon ab dem Frühsommer mit attraktiven roten Spitzen. Dazu kommt die besondere Wirkung der Gräserblüten, die wie zarte Schleier über und zwischen den scharf umrissenen Konturen der Blatthorste schweben. Im Herbst beeindrucken zahlreiche Sorten der Rutenhirse außerdem mit einer herrlichen Herbstfärbung zwischen leuchtendem Gelb und glühendem Rot.
Die Staude des Jahres 2020 bietet viele gestalterische Möglichkeiten. Sie passt hervorragend in die beliebten Präriepflanzungen. Doch sie kann auch gut in klassische Staudenrabatten gepflanzt werden.
Die attraktiven Gräser benötigen kaum Pflege, wie während der vierjährigen Sichtungszeit deutlich wurde. In der Zeit wurden die Pflanzen nicht gewässert und bis auf einige sehr breitblättrige Sorten zeigten sie keine Trockenschäden.
Weil Gartenböden im Allgemeinen gut mit Nährstoffen versorgt sind, ist Düngen ebenfalls überflüssig. Lediglich einen jährlichen bodennahen Rückschnitt sollte man der Staude des Jahres 2020 gönnen. Der erfolgt am besten erst im zeitigen Frühjahr, damit der schöne Winteraspekt nicht verloren geht.
Wer mehr über die Verwendung der Staude des Jahres 2020 im Garten und über die besten Sorten für den Herbst erfahren möchte, findet im E-Paper der GartenFlora 10/2019 ausführliche Informationen, viele Fotos und Tipps sowie ein Experten-Interview zur Rutenhirse.
GMH/BdS/Anke Bührmann