Glaubt tatsächlich noch jemand, im Staudenbeet gibt es nichts mehr zu tun, wenn es schön korrekt nach Pflanzplan angelegt wird? Wie jedes lebendige Wesen wächst auch eine Pflanze nicht immer ganz nach Plan.
Dr. Konrad Näser
Man muss schon aufpassen, immer am Ball bleiben, damit Ordnung und Gleichgewicht im Garten nicht aus den Fugen geraten. Einige Stauden mit breiten Schultern oder vielen Nachkommen proben immer wieder den Aufstand. Meine Pflanzenwelt hält also in jedem Jahr ein paar Überraschungen bereit: Da reckt sich eine junge Walnuss im Rittersporn oder ein namenloser Phlox mitten in der gelb-roten Taglilie ‘Frans Hals’. Das sind die harmlosen Sachen, die ich schnell in Ordnung bringen kann.
Aber im September stand ich vor meiner Herbstrabatte und staunte nicht schlecht: Hohe Triebe einer schönen blauen Glattblatt-Aster (Aster novi-belgii) kamen zwischen den Phloxen und der Sonnenbraut hoch. Natürlich hatte ich sie dort nie gepflanzt. Und ein paar zarte Stauden, die sich neben dem Kerzen-Knöterich bisher behaupten konnten, sind schlicht nicht mehr da.
Ich weiß es und die tägliche Praxis zeigt es: Eine Staudenrabatte ist wie ein Lebewesen. Sie entwickelt sich, wächst, macht Ruhepausen und ist danach üppiger als zuvor. Ein Pflanzplan ist anfangs sicher hilfreich. Hat man alles richtig gemacht und nicht zu dicht gepflanzt, wirken die Neuen nach dem Pflanzen noch karg und klein.
Doch schon im zweiten Jahr wird das Bild üppiger. Nach weiteren zwei Jahren geraten einige Pflanzen bereits aneinander. Es wird eng und bald setzen sich die stärksten Stauden durch. Konkurrenzschwache Arten verschwinden dann schon mal. Und spätestens jetzt ist klar: Im Selbstlauf bleibt vom ursprünglichen Pflanzplan nicht viel übrig.
In meinen Uralt-Rabatten ist dieses Stadium schon überwunden. Da hat sich im Laufe der Jahre ein gewisses Gleichgewicht eingestellt. Besonders pflegebedürftige Arten sind verschwunden oder von mir ausgelagert worden. Ein Zusammenspiel etwa gleichstarker Stauden funktioniert über viele Jahre und bedarf nur manchmal korrigierender Eingriffe.
Ohnehin pflanze ich nie ganze Flächen neu. Das geht schon deshalb nicht, weil in meinen Rabatten, gewissermaßen im Keller, Tausende von kleinen Zwiebelblumen auf ihr jährliches Erwachen warten. Mit dem Spatendarin herumzuwühlen wäre Frevel.
Und so habe ich meine Methoden, die den langjährigen Erhalt meiner Rabatten sichern helfen:
1. Starkwüchsige bleiben meist, wo sie gepflanzt wurden, ich halte sie durch Abstechen im Zaum. Manchmal heißt das aber auch, ich nehme die gesamte Staude heraus, teile sie und setze nur ein Teilstück wieder ein.
2. Schwachwachsende Stauden, besonders die mir wertvoll erscheinenden, werden aus der Gefahrenzone geborgen und umgepflanzt.
3. Einwandernde Sämlinge anderer Stauden dulde ich nur dort, wo sie ins Gesamtkonzept passen.
Auf diese Weise gelingt es meist, das Bild einer Rabatte über Jahre im Gleichgewicht zu halten. Manche Stauden machen sich im Laufe der Jahre so breit, dass sie glatt die Nachbarn erdrücken. Daran können kurze Ausläufer schuld sein, aber auch oberirdische Triebe, die sich einfach über die Nebenstehenden legen.
Genau das passiert bei Rudbeckien, Taglilien, Storchschnäbeln, bei wüchsigen Funkien und bei manchen Gräsern. Ein populäres Beispiel ist der nicht wuchernde Kerzen-Knöterich, Bistorta amplexicaulis, eine beliebte und lange blühende Spätsommer-Staude. Aber auch er wird im Laufe des Sommers so breit, dass er schwächere Nachbarn regelrecht belagert. Fast möchte man ihm ein eigenes Revier zuweisen.
Ich pflanze Taglilien daneben, die stört es nicht, wenn sie im September etwas bedrängt werden. Leider gebärdet sich auch der sehr schöne, blaue Storchschnabel ‘Rozanne’ sehr unordentlich. Was macht er? Er überrennt –ohne Ausläufer – links, rechts, vorn und hinten im Umkreis von einem Meter alle Nachbarpflanzen mit seinen langen, dauerblühenden Trieben. Schließlich habe ich mich von ihm getrennt, seine Triebe waren in der Rabatte einfach viel zu raumgreifend. Auch das purpurrote Geranium sanguineum ‘Tiny Monster’ bringt diese „Regenschirm-Mentalität“ mit. Wer das nicht weiß und beachtet, wird irgendwann Erstickungsverluste in der Nachbarschaft registrieren.
Bei Herbst- und Winterastern gibt es dagegen die klassischen Beispiele mit den kurzen Ausläufern. Vor allem die älteren Sorten der Glattblatt-Aster (Aster novi-belgii), beispielsweise ‘Blaue Nachhut’ oder ‘Weißer Elefant’, bedrängen bald die Nachbarn. Problemstauden sind das jedoch längst nicht. Das sind die mit den kräftigen Ausläufern nach allen Seiten. Und die gehören nun wirklich nicht in die Rabatte.
Meine weiße Anemone japonica ‘Honorine Jobert’ bildet einen kompakten Laubbusch und bleibt ordentlich am Platze. Im halbschattigen Beet kombiniere ich sie gerne mit Silberkerze und Eisenhut.
Anemone tomentosa dagegen schiebt sich mit langen Ausläufern zwischen andere Stauden und bleibt besser für sich allein.
Sehr expansive Stauden haben in der Rabatte nichts zu suchen. Stauden von solcher Wesensart habe ich nur noch wenige im Garten: an Stellen, wo sie keinen Schaden anrichten können. Federmohn (Macleaya), Frühherbst-Anemone (Anemone tomentosa) oder die Etagenerika (Physostegia) am Bienenhaus zum Beispiel.
Ist der Ausbreitungsdrang gar zügellos, wie bei Lampionpflanze (Physalis), Gold-Felberich (Lysimachia punctata), manchen Gräsern (Spartina, Miscanthus sacchariflorus), dem Straußfarn (Matteuccia) und dem weißbunten Giersch, dann verzichte ich lieber ganz. In diese Gruppe gehört ganz vornan der Japan-Knöterich (Fallopia japonica).