Anemone – ein klangvoller Name aus dem alten Griechenland. Anemona war dort eine Nymphe am Hofe der Göttin Flora. Doch Floras Gatte Zephyr, der Gott des Windes, verliebte sich in Anemona. Woraufhin seine eifersüchtige Ehefrau die Nebenbuhlerin in eine Blume verwandelte.
Das ist zwar nicht die schlechteste Art, aus dem Weg geräumt zu werden. Doch die Frühlings-Anemone ist so klein und von zurückhaltendem Äußeren, das sie alleine unterzugehen droht zwischen prachtvolleren Krokussen und später erst recht neben den Tulpen und Narzissen.
Etwa 25 Stück der zarten Blumen sollten es pro Quadratmeter schon sein, um wirklich zu wirken. Daher wurden im Handel seit jeher nur die Sorten nachgefragt, die als weitverbreitete „Massenware“ preisgünstig und gleich zu Dutzenden zu erwerben waren, wie die blaue Anemone blanda ‘Blue Shades’. Seltenere und damit teurere Sorten wie die tief dunkelblaue ‘Atrocaerulea’ wurden dadurch immer weiter ins Abseits gedrängt und sind heute nur noch sehr schwer zu bekommen.
Von der am häufigsten im Garten kultivierten Art, dem aus Südeuropa stammenden Balkan-Windröschen (Anemone blanda), sind vor allem ‘Blue Shades’, ‘White Splendour’ (weiß) und ‘Charmer’ (rosa) zu finden, etwas seltener auch die purpurn leuchtende ‘Pink Star’. Von dem bei uns einheimischen weißen Busch-Windröschen (A. nemorosa) gibt es blaue (‘Robinsoniana’ und ‘Royal Blue’) und gefüllte Varianten (‘Vestal’ und ‘Bracteata Pleniflora’). Beide Arten ziehen nach der Blüte komplett ein und passen daher gut zwischen spät austreibende Stauden wie Funkien, die im Sommer die entstehenden Lücken füllen.
Besonders natürlich aber wirken die zarten Frühlingsblüher am Gehölzrand oder vor einer dunklen Hecke, wo die weißblühenden unter ihnen ein wenig Licht in den Schatten bringen. An den Boden werden keine allzu hohen Ansprüche gestellt, locker und humusreich, wie er eben unter Gehölzen vorkommt, wäre ideal. Wer auf Sand gärtnert, sollte dem Balkan-Windröschen den Vorzug geben, denn es ist ein wenig trockentoleranter als sein mitteleuropäischer Verwandter.
Übrigens: Alle Sorten, auch die seltenen, vermehren sich über Rhizome oder Knollen und versamen sich, spannen dazu teilweise sogar Ameisen ein. Wer etwas Geduld hat, braucht also nicht gleich die Dutzendware zu erstehen, um dichte Blütenteppiche zu bekommen. Und wer zwei oder drei Sorten einer Art zusammen pflanzt, dem erblühen deren Sämlinge in einer Vielfalt an Farbnuancen.
In Anbetracht der überschaubaren Sortenlandschaft ist das doch ein schöner Nebeneffekt.
Kerstin Ackermann
Die Samen der Anemonen verbreiten sich für gewöhnlich durch den Wind. Doch das Busch-Windröschen lebt auf dem Waldboden, wo es nur selten kräftig fegt. Daher setzt es auf Ameisen als Transporteure. An seinen Samen haften nahrhafte Fettkörper (Elaiosom).
Die Tiere tragen die Körner in ihr Nest, um die Elaiosome hier zu verfüttern. Die Samen bleiben unbeschädigt im geschützten Nest zurück, keimen in nährstoffreichem Boden und vor allem: Sie sind weit entfernt von den Elternpflanzen und vermeiden Konkurrenz.
Während sich die Balkan-Anemone (A. blanda) über Tochterknollen vermehrt, bilden die einheimischen Waldanemonen (A. nemorosa und A. ranunculoides) verzweigte Rhizome. Teilstücke davon werden genommen, sobald die Blätter einziehen. Jedes Stück muss mindestens eine Knospe aufweisen.
Die Rhizomstücke bitte gleich wieder einpflanzen, da sie sehr schnell austrocknen. Auch lose Knollen von A. blanda halten sich nur kurz. Daher werden die Arten meist als getopfte Pflanzen gehandelt.