Ein Naturgarten soll Lebensraum für verschiedenste Arten bieten: von Moosen, Wildkräutern, winzigsten Mikroorganismen und Pilzgeflechten bis hin zu Insekten, Amphibien und Säugetieren. Wie man das am besten angeht, worauf dabei zu achten ist und was im Naturgarten keinen Platz haben sollte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Ein Naturgarten ist ein Garten, der vielfältigsten Lebensgemeinschaften Platz bietet. Eine hohe Biodiversität steht im Vordergrund und soll aktiv gefördert werden, sodass diverse Tier- und Pflanzenarten hier neben dem Menschen einen Lebensraum finden. Im Idealfall entsteht so ein komplexes Gefüge, ähnlich natürlicher Ökosysteme, die von Wechselwirkungen und Verbindungen zwischen den einzelnen Landschaftselementen und Organismen geprägt sind.
Manche nennen es auch einen „Wildgarten“, doch streng genommen trifft das nicht ganz zu. Denn auch im Naturgarten werden vom Menschen Eingriffe vorgenommen, wenn auch möglichst bedacht und sorgsam. Gärtner*innen versuchen, mit den natürlichen Bedingungen zu arbeiten und nicht stetig gegen sie anzugehen.
Beim Planen eines Naturgartens dreht es sich weniger darum, formale Kriterien zu erfüllen, als vielmehr um eine ständige Auseinandersetzung mit der Natur als solches. Dennoch gibt es einige grundlegende Punkte, die helfen, Ihren Garten naturnah gestalten zu können.
Die gefürchteten „Schädlinge“, also Tierarten, die sich an den geliebten Zier- oder Nutzpflanzen sattessen, werden früher oder später in jedem Garten auftauchen. Wer seinen Garten aber naturnah gestaltet, lockt eben auch Nützlinge an. Igel verspeisen Schnecken, Marienkäfer lassen sich Blattläuse schmecken und Gartenvögel freuen sich über die ein oder andere Raupe. Auch Maulwürfe sind fleißig, auf ihrem Speiseplan stehen neben Schnecken beispielsweise auch Schnakenlarven.
Wenn sowohl „Schädlinge“ als auch „Nützlinge“ im Garten einen Lebensraum finden, stellt sich ein Gleichgewicht ein. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln führt hingegen oft in einen Teufelskreis, da die Pestizide auch nützlichen Tierarten schaden. Pflanzen überstehen kleinere Fraßschäden problemlos und auch Gärtner*innen sollten sich daran nicht aufhalten.
Auch im Garten steht die Welt nicht still. Im Naturgarten reduziert man künstliche Eingriffe auf ein Minimum und lässt den natürlichen Dynamiken ihren Lauf. Auch Wildkräuter, die sich selbst ansiedeln, sind willkommen. Wer sich darauf einlässt, äußere Einflüsse in die Gartengestaltung miteinwirken zu lassen, kommt oft ins Staunen, was sich da alles tut und bewegt.
Von Wechselwirkungen profitieren
Wenn nützliche Tiere wie Spinnen, Florfliegen oder Schlupfwespen in Ihrem Garten Unterschlupf und zuverlässige Nahrungsquellen finden, siedeln sie sich dort langfristig an. Die Ausbreitung von Blattlaus & Co. wird so auf ganz natürliche Weise in Grenzen gehalten. So haben auch Gärtner*innen weniger Arbeit.
Ein Garten ohne Pflanzen ist kein Garten mehr. Auch im Naturgarten steht daher die Auswahl der passenden Gewächse im Vordergrund. Hier wurde lange Zeit Wert darauf gelegt, heimischen Wildpflanzenarten den Vortritt zu gewähren. Dieser strikte Ausschluss neobiotischer Pflanzen führt aber in Fachkreisen vermehrt zu Kritik. Denn auch die „nicht heimischen“ Arten können zum Pflanzenreichtum eines Gartens beitragen, Nahrungsgrundlage für Insekten darstellen oder Unterschlupf für Kleintiere bieten. Im Zuge der fortschreitenden klimatischen Veränderungen verschieben sich zudem auch die natürlichen Verbreitungsgebiete von Pflanzen.
Nicht selten sind neobiotische Arten besser gegen Hitze und Trockenheit gewappnet, als die als heimisch definierten Gewächse. Da im Naturgarten ressourcenschonend gegärtnert wird, sollte die Pflanzenwahl auch standortgerecht sein, um beispielsweise ständiges Gießen zu vermeiden. Es ist sicher sinnvoll, den selten gewordenen heimischen Wildarten im Garten Zuflucht zu bieten – auch, da oftmals die heimischen Tierarten an eben jene Pflanzen angepasst sind. Dennoch müssen andere Arten nicht kategorisch verbannt werden. Verzichten Sie aber auf invasive Neophyten, die sich übermäßig ausbreiten und es anderen Pflanzen schwer machen.
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Dachbegrünung: Ist ein Geräteschuppen oder ein Carport vorhanden? Hier setzen Sie am besten auf eine selbsterhaltende Dachbegrünung, bestehend aus anspruchslosen Arten, die mit wenig Substrat und wenig Wasser zurechtkommen wie Moose, Sukkulenten oder (Wild-)Kräuter. Verwenden Sie Trockenkünstler wie Dachwurze (Sempervivum) und Fetthennen (Sedum) oder Stauden wie das Katzenpfötchen (Antennaria dioica), Polster-Thymian (Thymus-Hybriden) oder die Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium).
Kräuterspirale: Ein Naturgarten schließt den Nutzgarten nicht aus. In Kräuterspiralen oder Kräuterschnecken lassen sich Arten mit unterschiedlichen Standortansprüchen auf engstem Raum kultivieren. Feuchtigkeitsliebende Pflanzen wie Brunnenkresse (Nasturtium officinale) oder Pfefferminze (Mentha × piperita) fühlen sich im unteren Bereich wohl, dazwischen wachsen Borretsch (Borago officinalis), Estragon (Artemisia dracunculus) oder Kamille (Matricaria recutita), gefolgt von den trockenresistenten Kräutern wie Lavendel (Lavandula officinalis) oder Salbei (Salvia officinalis).
Wildblumenwiese: Die Wildblumenwiese bietet Nahrung für Hummeln, Wildbienen, Falter und Käfern. Greifen Sie auf eine Samenmischung heimischer Wildblumen beziehungsweise -stauden zurück oder kombinieren Sie selbst. Achten Sie darauf, mehrere Blütezeiten zu kombinieren, damit möglichst lange etwas blüht.
Tipp: Gefüllte Blüten sehen zwar schön aus, bieten Insekten allerdings wenig bis keinen Mehrwert, da ihnen durch die dicht wachsenden Blütenblätter der Zugang zum Nektar im Blüteninneren verwehrt bleibt oder ohnehin wenig Nektar und Pollen produziert wird. Bevorzugen Sie Pflanzen mit einfachen Blüten, deren Blütenorgane freiliegen.
Fassadenbegrünung: Nutzen Sie auch die Vertikale! Obstspaliere, Wilder Wein (Parthenocissus quinquefolia), Wilde Kletterrosen oder Clematis können an Fassaden oder Gerüsten gezogen werden und bieten auch dem ein oder anderen Tierchen Unterschlupf.
Freiwachsende Hecke: Eine frei wachsende Hecke aus kombinierten heimischen und/oder fruchttragenden Arten sorgt für reges Treiben. Insekten, Vögel, Nagetiere und andere können sich hier ausgiebig bedienen. Außerdem sind Blüten und Fruchtschmuck (zum Beispiel Hagebutten) auch optisch eine Bereicherung. Wie wäre es beispielsweise mit einer Eberesche (Sorbus aucuparia), einem Haselnussstrauch (Corylus avellana), einer Felsenbirne (Amelanchier), Hundsrose (Rosa canina) oder Schwarzem Holunder (Sambucus nigra)?
Solitärgehölze: Unter großen Bäumen oder Sträuchern finden sich im Sommer angenehme Schattenplätzchen. Früh blühende Arten sind besonders wertvoll, da sie Insekten in der nahrungsarmen Zeit über die Runden helfen, wenn die Obstbäume noch nicht in Blüte stehen – zum Beispiel die heimische Salweide (Salix caprea) oder der Spitz-Ahorn (Acer platanoides).
In der Stadt machen die Flächen von Haus- und Kleingärten oftmals einen großen Teil der Gesamtgrünfläche aus. Nutzen Sie auch innerhalb Ihres Gartens jeden Raum aus (auch Wege, Fugen oder Zäune), gestalten Sie strukturreich und kreieren Sie abwechslungsreiche Kleinstbiotope. Kleine Maßnahmen bewirken viel. Stapeln Sie beispielsweise einen Totholzhaufen für Igel auf oder lassen Sie eine Raseninsel stehen, die Sie nicht mehr mähen. In einen Naturgarten gehören auch Trocken- und Feuchtbiotope.
Ein Teich lockt Amphibien, Insekten und Vögel an.
[Foto: AdobeStock_Christine Kuchem]
[Foto: AdobeStock_Natasha Bolbot]
Frösche, Lurche, Molche und Kröten lassen sich nieder.
Zwischen den Ritzen einer Trockenmauer, aus aufgeschichteten Natursteinen ohne Mörtel, können sich Eidechsen verkriechen. Pflanzen, die magere Böden lieben, werden sich ganz von alleine ansiedeln. In einen flachen Naturteich können Frösche und Kröten leicht ein- und aussteigen und sich Libellen ansiedeln. Wer keinen Platz für einen Teich hat, kann dennoch Wasser integrieren: einfach Vogel- und Insektentränken aufstellen.
Es lässt sich mit dem menschlichen Auge nicht erkennen, doch in nur einem Esslöffel gesunden Erdreichs tummeln sich mehr Bodenorganismen, als es Menschen auf unserem Planeten gibt. Würmer, Insekten, Pilze, Milben, Algen, Flechten und Einzeller leben im Boden. Diese Kleinstlebewesen leisten gewissermaßen die Hauptarbeit zur Erhaltung eines vitalen Gartenbodens. Die Bodenlebewesen bauen organisches Material ab und fördern den Aufbau einer fruchtbaren Humusschicht. Humus versorgt die Pflanzen mit Nährstoffen und diese Pflanzen ernähren wiederum andere Tiere. Humose Böden besitzen nicht nur die Fähigkeit, Nährstoffe zu binden. Sie speichern auch CO₂, sind also klimafreundlich, und fungieren als langfristige Wasserspeicher.
Ein wichtiger Part der Pflege im Naturgarten ist daher die Bodenpflege beziehungsweise Schonung. Kompostieren, Zwischensaaten, Mulchen und Verzicht auf – oder wenigstens bedachtes – Umgraben tragen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit bei.
Bedenken Sie die Erhaltung von Kreisläufen (Nährstoff- und Wasserkreislauf) in Ihrem Naturgarten. Kann das Regenwasser versickern? Wie lässt es sich auffangen und weiter nutzen? Regenwasser zur Bewässerung zu nutzen spart Energie und ist zudem kostengünstig. Außerdem: Welche Küchenabfälle können auf den Kompost und so wieder Nährstoffe einbringen? Schnittgut muss nicht entsorgt werden, sondern kann als Mulch wieder auf den Beeten ausgebracht werden. Totholz lässt sich zur Benjeshecke verwandeln.
Bei der Wahl der Gartenbaumaterialien setzt man am besten auf regionale und organische Produkte. Natursteine aus Europa oder auch recycelte Steine, außerdem nachhaltig gewonnenes und am besten zertifiziertes Holz sind gefragt.
Verbindungen schaffen
Sorgen Sie im Anlegen nicht nur für Vielfalt, sondern schaffen Sie auch Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen. Platzieren Sie Nistkästen und Insektenhotel beispielsweise in der Nähe von Wildobstgehölzen, damit die Tiere in der direkten Umgebung Nahrung finden können. Mit einer Hecke in Teichnähe können Kröten unbeschadet zu ihrem Laichgebiet pilgern.
Tabu sind im natürlichen Garten jegliche für Pflanzen und Tiere giftigen Stoffe, allen voran also Pestizide. Außerdem sollte auf synthetische Bodenhilfsstoffe und synthetische Stickstoffdüngemittel verzichtet werden. Für Beete und Töpfe sollten Sie zudem keine klimaschädliche Torferde nutzen. Reifer Kompost ist für Beete ohnehin die bessere Wahl, für Topfkulturen bietet der Gartenfachhandel mittlerweile zahlreiche Alternativen, beispielsweise aus Kokos- oder Holzfasern.
Zu starke und häufige Schnittmaßnahmen an Büschen und Bäumen schrecken Tiere auf, die sich im Schutz des Dickichts niedergelassen haben. Gehen Sie behutsam vor, wenn ein Rückschnitt nötig wird und halten Sie sich an die gesetzlichen Bestimmungen zum Vogelschutz. Laut Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist es im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September untersagt, größere Schnittmaßnahmen wie das Auf-den-Stock-setzen, Roden oder stärkere Heckenschnitte durchzuführen. Abgestorbene Stauden lässt man über den Winter stehen, dann können Insekten dort überwintern.
Verzichten Sie möglichst auch auf laute und luftverschmutzende Gartengeräte wie Laubsauger oder Motorsägen und begrenzen Sie die nächtliche Beleuchtung im Garten auf ein Minimum, um Lichtverschmutzung zu vermeiden.
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