Grüne Blätter, rote Blüten, gelbe Wurzeln – Pflanzen enthalten Farbstoffe. Diese sogenannten sekundären Inhaltsstoffe sind für die Pflanzen von essentieller Bedeutung. Ohne das Blattgrün, das Chlorophyll, würde es keine Fotosynthese geben. Die Blüten- und Fruchtfarbstoffe locken Insekten und andere Tiere an und sichern damit die Bestäubung und die Samenverbreitung.
Aber nur die Pflanzen, die tatsächlich zum Färben genutzt werden können, sind Färberpflanzen. Sie müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, zum Beispiel gut wasch- und lichtecht sein und ausreichend wirtschaftlich und effizient im Anbau und in der Verarbeitung. Die Menschen nutzten schon früh Pflanzen als Färbemittel. Wandmalereien aus der Steinzeit weisen auf die Tradition des Teppichwebens und -färbens und das Tragen von farbiger Kleidung hin. Die ältesten Funde von Textilgeweben mit Pflanzenfarbstoffen stammen aus der Zeit um 3000 vor Christus. In ägyptischen Gräbern, etwa aus der Zeit von 1550 vor Christus entdeckte man auf Textilresten und Mumienbändern Spuren von Pflanzenfarben wie Krapprot oder Indigo.
Im Reich Karls des Großen (747–814 n. Chr.) hatte der Anbau und Handel mit Färber- Krapp, Färberwaid und Gelber Resede große wirtschaftliche Bedeutung.
Einen ihrer Höhepunkte erreichte die Pflanzenfärberei im Mittelalter. Es bildeten sich die Färberzünfte Blau-, Schwarz- und Schönfärber heraus. Daneben war die Hausfärberei weit verbreitet. Etwa seit 1600 gelangten neue Pflanzenfarbstoffe aus Übersee wie Indigo (Indigofera) nach Europa und ersetzten viele traditionelle Farbstoffe. Im 19. Jahrhundert kamen die synthetischen Farbstoffe auf, die erst auf Basis von Steinkohle und später aus Erdöl hergestellt wurden. Sie verdrängten die Pflanzenfarbstoffe fast völlig vom Markt. Nicht ganz, man mischt sie Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika bei. Allerdings setzt man auch hier mehr und mehr synthetisch hergestellte Naturfarbstoffe ein.
Aber wie gewinnt man die Farbstoffe aus den Färberpflanzen und wie werden Wolle, Leinen, Seide und Baumwolle gefärbt? Noch heute nutzt man die Rezepte der alten Färbemeister. Doch egal, wie genau man sich an das Rezept hält, es lässt sich nicht genau vorhersagen, welcher Farbton am Ende herauskommt. Denn das Farbergebnis wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst: vom Standort der Pflanzen, den Bodenverhältnissen, dem Klima, dem Wetterverlauf. Zudem kommt es darauf an, wann die Pflanzen geerntet werden, denn während der Vegetationsperiode variiert der Farbstoffgehalt in der Pflanze. Zur Farbstoffgewinnung können Blüten (Färber-Hundskamille), Blätter (Färberwaid), Wurzeln (Färber-Krapp), Früchte (Schlehe) oder Rinde (Rosskastanie) verwendet werden.
Nur wenige Pflanzenfarbstoffe färben jedoch ohne Vorbehandlung in wässriger Lösung.
Darum müssen die Textilien vor dem Färben gebeizt werden, erst dann haften die Farben dauerhaft. Beizmittel wie Alaun machen die Fasern aufnahmefähig für die Farben. Gibt man zur Beize Weinstein oder Eisensulfat, verändert sich das Farbergebnis. Zum Färben werden die frischen oder getrockneten Pflanzenteile in Wasser gekocht. Dabei lösen sich die Farbstoffe. In diesem Sud färbt man die vorbehandelten Textilien. Daneben gibt es sogenannte Küpenfarbstoffe, beispielsweise Indigo. Der ist nicht wasserlöslich und wird durch einen Reduktionsprozess in seine lösliche Form gebracht. Erst dann kann der Farbstoff in die Faser einziehen. Mit Indigo gefärbte Stoffe werden in dem Farbbad, Küpe genannt, knallgelb. An der Luft oxidiert das Indigo und wird wieder blau. Haben Sie jetzt Lust bekommen, einmal selbst mit Pflanzenfarben zu färben? Die traditionellen Färberpflanzen Färberwaid, Gelbe Resede oder Färber-Krapp wachsen vielleicht noch nicht in Ihrem Garten. Sie könnten die Pflanzen aber anbauen. Doch es gibt auch genug andere Kandidaten: Schlehe, Holunder, Walnuss, Kanadische Goldrute, Brennnesseln und viele, viele mehr.
Die Liste der Färberpflanzen ist lang. Es sind etwa 150 Arten. Je bekannter oder bedeutender eine Färberpflanze früher war, beziehungsweise heute ist, desto größer und fetter haben wir sie hier gedruckt. Besonders interessant ist natürlich, welche Farbtöne aus den Pflanzen gewonnen werden können. Allerdings lässt sich aus den meisten Pflanzen nicht nur ein Farbton, sondern gleich eine ganze Farbpalette erzielen. So kommt es u.a. darauf an, welche Pflanzenteile man verwendet, ob beispielsweise Wolle, Seide, Leinen oder Baumwolle gefärbt wird und welche Beize zum Einsatz kommt. So färben Holunderblätter und -blüten mit Alaun vorgebeizte Wolle hellgelb, mit Eisen-III-nitrat gebeizte Wolle wird dagegen grünlich schwarz. Wird mit reifen Holunderbeeren gefärbt, erhält die mit Alaun vorgebeizte Wolle eine braunviolette Tönung.
Dottergelbe Margarine, grüne Gummibärchen, rote Limonade – möglich machen das Lebensmittelfarbstoffe. Nur wenige sind natürlichen Ursprungs: Das gelb bis orange färbende Beta-Carotin (E 160, E 160 a) ist wohl der bekannteste Naturfarbstoff. Er kommt in Früchten, Blättern und Wurzeln von Pflanzen vor, z. B. in Möhre und Löwenzahn. Chlorophyll, das Blattgrün der Pflanzen, färbt Speiseeis oder Süßwaren grün. Dafür wird es zuvor in Chlorophyllin (E 140) bzw. in kupferhaltiges Chlorophyll und Chlorophyllin (E 141) umgewandelt. Steht auf der Zutatenliste E 162, steckt dahinter das rotfärbende Betanin, es findet sich z. B. in der Roten Rübe. Bei E 163 sind es die Anthocyane, die beispielsweise in roten Weintrauben und Heidelbeeren zu finden sind. Anthocyane färben Lebensmittel rot, violett oder blau. Und Kurkurmin (E100), das in der Gelbwurzel vorkommt, macht Currygerichte schön safrangelb.
Nein. Die meisten Lebensmittelfarbstoffe extrahiert man heute nicht mehr aus Pflanzen, sondern stellt sie u. a. mit Hilfe von Algen, Schimmelpilzen oder gentechnisch veränderten Mikroorganismen her.
Haben Sie Lust, mit Pflanzenfarben zu experimentieren? Für die ersten Versuche eignet sich Wolle am besten. Die sollte naturfarben und unbehandelt sein. Das Farbbad stellt man aus im Frühjahr gesammelten Birkenblättern her. Damit lassen sich verschiedene Gelbtöne erzielen. Tipp: Junge Blätter färben die Wolle grünlicher als vollentwickelte, vor allem wenn sie frisch verwendet werden. Für 100 g Wolle benötigen Sie 400 g frische, bzw. 200 g im Dunkeln getrocknete Blätter. Diese zwölf Stunden in Wasser einweichen, dann eine Stunde sieden lassen. Den Sud durch ein Sieb abgießen, die losen Blätter auffangen. Für intensivere Farbergebnisse die Blätter in einem Färbebeutel zurück in das Farbbad legen. Damit sich der Farbstoff mit den Fasern verbinden kann, beizt man die Wolle vor. Als Beizmittel wird Alaun verwendet. Die gebeizte Wolle legen Sie dann für eine Stunde in das auf 70 Grad erhitzte Farbbad, dabei wird die Temperatur beibehalten. Die Wolle sofort aus dem Farbbad nehmen, sonst ergibt sich schnell eine Brauntönung. Die ungewaschene Wolle zum Trocknen aufhängen, dann ausspülen bis das Wasser klar ist.
Bestimmt haben auch Sie schon einmal eine schlechte Sache viel besser dargestellt, als sie tatsächlich war? Schönfärberei nennt man das. Der Begriff entstand im Spätmittelalter. Damals gab es verschiedene Färberzünfte: Die Blaufärber färbten Leinen mit Waid blau, die Schwarzfärber beizten mit Eisensulfat bereits gefärbtes dunkles Leinen schwarz nach. Die Schönfärber waren für Grün, Indigoblau, Goldgelb und Scharlachrot zuständig. Verwendet wurden nur wertvolle Stoffe. Leisten konnten sich das zunächst nur Adlige, Kirchenmänner und später auch die reichen Kaufleute. Manchmal jedoch wurden auch billige Stoffe schön gefärbt – und so entstand die noch heute bekannte Redensart der „Schönfärberei“.