Es mag jeder mit sich selbst ausmachen, ob er für die goldgelben Spätblüher etwas übrig hat. Tatsache ist: Ohne die „hohen Gelben“ fehlt es dem spätsommerlichen Garten an Glanz.
„Gelbe Blüten? Diese grelle, unangenehme Farbe – nicht in meinem Garten.“ So höre ich das tatsächlich ab und zu von Gartenbesuchern und kann mein Missfallen nur mühsam unterdrücken. In unseren Staudenrabatten tauchen nach der Sommermitte immer mehr dieser fröhlichen Gelbtöne auf und sie sind herzlich willkommen!
Dr. Konrad Näser
Es ist eine ganze Gruppe von Korbblütlern aus Nordamerika, die in dieser heiteren Farbe daherkommen. Klangvolle Namen begleiten ihren Flor: Sonnenbraut (Helenium), Sonnenauge (Heliopsis), Sonnenblume (Helianthus) und Sonnenhut (Rudbeckia). Für mich bedeuten die „hohen Gelben“ pure Lebensfreude, gewürzt mit einem Hauch von Wehmut, denn ich weiß, wenn sie verblüht sind, kommen nur noch die Asternfarben und dann der Winter.
Die am häufigsten gepflanzte Rudbeckie schreibt man gern dem Staudenzüchter Karl Foerster zu. Nur wenige kennen die wahre Geschichte: In den 1930er Jahren kehrte ein junger Staudengärtner aus Mähren nach Potsdam zurück, um bei Karl Foerster die Obergärtnerstelle zu übernehmen. Als Antrittsgeschenk hatte Heinz Hagemann, so hieß der ambitionierte Gärtner, eine neue Rudbeckie aus dem Botanischen Garten Graz im Gepäck.
Karl Foerster runzelte die Stirn, als er die kümmerlichen gelben Blütchen zum ersten Mal musterte. „Werf weg, das Ding, ich hab’ schon Besseres gesehen!“, grummelte er. Der neue Obergärtner jedoch ließ sich nicht beirren und hat das Mitbringsel dennoch aufgepflanzt. Der Bornimer Boden muss der Neuen hervorragend bekommen sein.
Im nächsten Jahr fragte Karl Foerster seinen Obergärtner: „Wo hast du denn diese prachtvolle Rudbeckie her? Komm, wir wollen sie sofort taufen!“ Der Name ‘Goldsturm’ passte auf Anhieb. Viel später erst erhielt die Staude ihren korrekten botanischen Namen, Rudbeckia fulgida var. sullivantii ‘Goldsturm’, und trat von Bornim aus ihren Weg in die Gärten an.
Heute, mehr als 50 Jahre später, darf Rudbeckia fulgida in keinem Staudenkatalog fehlen und 1999 war sie in den USA sogar die „Staude des Jahres“. Aber das ist schon eine andere Geschichte.
Wovon reden wir eigentlich? Von einem langlebigen staudigen Sonnenhut, der bei uns ca. 70 cm hoch wird und von Juli bis August auf sonnigen Rabatten große, sternförmige, goldgelbe Blüten mit tiefschwarzer Mitte bildet. Er wuchert nicht, ist standfest, sät sich kaum aus, wird nicht krank – alles liebenswerte Eigenschaften.
Einen klitzekleinen Nachteil muss ich anmerken: Bei uns im trockenen Halbschatten versagt dieser Premium-Sonnenhut, denn er ist an einen nährstoffreichen, „frisch“ bleibenden Boden gewöhnt.
Ich verwende daher eine andere Varietät, die trockene Böden besser verträgt: Rudbeckia fulgida var. deamii, den „Deami“-Sonnenhut. Seine Blüten sind dem ‘Goldsturm’ sehr ähnlich, die Stängel aber etwas höher. Die Blütezeit beginnt 14 Tage später, dauert dafür bis Anfang Oktober.
Der Staudenkenner Karl Foerster begnügte sich natürlich nicht mit einem Treffer. Er schob gleich nach: die Fallschirm-Rudbeckie, Rudbeckia nitida ‘Goldschirm’. Zwei Meter hoch, straffstielig, mit großen gelben „Fallschirmblüten“ und einem eigenartig grünen Kolben in der Mitte, ein Dauerblüher von August bis Oktober, zugleich beste Hintergrundstaude auf Rabatten. Auch sie steht schon seit Jahrzehnten in unserem Garten.
Zwischen diese beiden Sterne am Rudbeckienhimmel schob sich noch ein dritter, den Karl Foerster aber nicht kannte. Erst vor 20 Jahren kam die Goldschleier-Rudbeckie, Rudbeckia triloba, in mein Blickfeld. Seitdem empfehle ich sie weiter: 130 cm hoch, übersät mit Dutzenden kleiner gelber, schwarzgeäugter Blüten, von August bis Oktober blühend – aber leider auf leichtem Boden, wie ich ihn nun mal habe, kurzlebig. Zwei bis drei Jahre hält sie nur aus, hat aber in dieser Zeit so viele Nachkommen geliefert, dass der Goldschleier sich immer wieder neu im Garten entfaltet. Ihre eigenwillige Standortsuche macht sie nur noch liebenswerter.
Sogar Fachleute habe ich schon getroffen, die das Wort „Präriestauden“ verwenden, wo immer es sich um Stauden aus der nordamerikanischen Flora handelt. Ziemlicher Unsinn, denn „Prärie“ lässt uns Mitteleuropäer an Sonne, Weite, Gras, Wind und Trockenheit denken. Das führt auf den Holzweg.
Gerade solche Stauden aus Nordamerika wie Indianernessel, Aster, Phlox, Sonnenbraut, Sonnenblume und eben auch unsere Rudbeckien, denen man gern „Präriestatus“ andichtet, verkümmern, wenn im Sommer zur Hauptwachstumszeit der Regen fehlt. Kleine Blätter und vertrocknete Blüten sind die Folge. In sommerlichen Trockenzeiten brauchen diese Stauden gründliche Wassernachhilfe. Prärie ade!
Konrad Näser ist untrennbar mit der bekannten Gärtnerei „Karl Foerster“ in Potsdam-Bornim verbunden. Als Züchtungsleiter trat Dr. Konrad Näser nach Foersters Tod im Jahre 1970 in dessen Fußstapfen. Mehr über den Karl-Foerster-Garten erfahren Sie im PotsdamWiki.