Es gibt Gegenden, in denen das Gärtnern an Grenzen stößt. Doch mit Hingabe, Gelassenheit und jeder Menge Kompost hat Anita Götz ihr kleines Paradies in einer rauen Mittelgebirgslandschaft Stück um Stück zum Blühen gebracht.
Ein Hang voller Himbeergestrüpp, Brennnesseln und Ahornbäume – ideale Voraussetzungen für ein Bauvorhaben. Gartenambitionen sehen sicher anders aus. Auf der anderen Seite standen ein annehmbarer Preis für die 2000 Quadratmeter Land und ein atemberaubender Blick in die Umgebung und auf die Dorfkirche. Anita und Harald Götz zögerten nicht lange und packten an. Erst das Haus, wenig später den Garten.
..legte Harald Götz mehrere Terrassen an. Platz für Sandkasten, Fußballtor und Schaukel für die beiden kleinen Jungen. Natürlich hatte Anita Götz schon damals, vor knapp zwanzig Jahren, mehr im Sinn als Abstandsgrün und Spielwiese. „Ich war Anfängerin, hatte keine Ahnung vom Garten, obwohl ich in einem großen Garten aufgewachsen bin. Also habe ich erst mal viel gelesen und geplant.“ Sie erzählt, wie toll sie damals Buchsgärten fand, die auf Fotos in Zeitschriften und Büchern zu sehen waren. „Ein Buchsgarten war mein erster großer Wunsch, den ich mir erfüllte, nun habe ich den Buchs im vergangenen Jahr ausgraben müssen.“ Das Buchssterben ist in der Region angekommen. „Das wird wohl ein Abschied auf Raten“, sagt die Gärtnerin ohne übertriebenes Bedauern, denn sie hat sich nach und nach damit arrangiert, dass nicht alle Gartenträume reifen.
Ihr Garten ist nämlich eine große Herausforderung geblieben, auch nach dem Roden des Himbeergestrüpps und dem Terrassieren des Hanges. Anita Götz gärtnert auf sandigem, steinigem, magerem Boden. Im Untergrund lagert Granit. Ostwinde bringen Kälte, Westwind hat Sturm im Gepäck. „Hier im Fichtelgebirge sind schöne Gärten nicht die Regel, viele geben auf,“ sagt die Gärtnerin und lächelt dabei. Denn sie dachte gar nicht daran, aufzugeben. „Ich gärtnere mit den Gegebenheiten. Von den Englischen Rosen lasse ich die Finger, die halten hier nicht durch.“ Stattdessen setzt sie auf Alba- und Gallica-Rosen, die sind besonders hart. Moderne Rosen werden angehäufelt, und ihre Rambler-Rosen, die regelmäßig herunterfrieren, werden die ersten drei bis vier Jahre ebenfalls gut eingepackt. Etwa 300 verschiedenen Sorten hat sie dennoch im Garten zusammengetragen, das Sammeln ist eine ihrer Leidenschaften.
Sie sind in einem Pflanzplan verzeichnet, denn längst schon kann sie sich nicht mehr alle merken. Und ihren Einsichten zum Trotze sind sogar drei „Englische“ dabei: die einmalblühende ‘Constance Spry’, eine der ersten Sorten des englischen Züchters, die Strauchrose ‘Chianti’ mit dem kräftigen Purpurton und die liebliche rosa ‘Mary Rose’. Sie sind relativ frosthart.
Doch wie geht das alles auf Sand? Die Gärtnerin setzt ein verschwörerisches Gesicht auf und führt mich zur unteren Terrasse. Sieben Kompostbehälter stehen da gut gefüllt und etwas versteckt. „Im Frühjahr und im Herbst verteile ich großzügig Kompost. Wenn ich einen ganzen Tag Kompost gekarrt habe, bin ich müde und glücklich.“ Für die Rosen gibt es außerdem gut abgelagerten Pferdemist und Hornspäne. Bei den Stauden hält sich die Gärtnerin an trockenheitsverträgliche Arten. Lavendel hält sich sehr gut, wahrscheinlich wegen des guten Wasserabzugs, denn zu viel Feuchte ist im Winter problematischer als der Frost. „Hier wächst alles etwas langsamer in unserem mageren Boden. Das hat seine Vorzüge, nichts wuchert zu sehr, alle Pflanzen sind sozusagen handzahm.“ Ja, so kann man es auch sehen, und vielleicht ist dies das tiefe Geheimnis ihrer unerschütterlichen Gartenleidenschaft. Für Anita Götz zählt das stimmige Bild, nicht so sehr die Perfektion im Detail.
Und da kommt in einer der „wilderen“ Gartenecken unter einer Rosa multiflora auch schon mal der Giersch zum Blühen. Ihren Garten bezeichnet sie als „ländlich romantisch“, und dazu gehören die Rosen ebenso wie die Hasel und die Traubenkirsche hinterm Haus, die einzigen Gehölze, die von der ursprünglichen Wildnis blieben. Holunder und Hartriegel setzte die Gärtnerin später wieder hinzu, weil sie einfach in den ländlichen Garten gehören. Immergrüne gibt es dagegen kaum.
„Ich mag alles, was blüht, obwohl Immergrüne wichtig sind für die Struktur im Winter. Aber dafür sorgte ja der Buchs.“ Ein klein wenig trauert sie wohl doch um ihn. An einigen Stellen hat sie ihn durch Eiben ersetzt. Aber sparsam, dass sie das naturnahe Gesamtbild nicht stören. So erscheint es auch schlüssig, dass vor Zeiten nicht etwa Magnolien und Trompetenbaum gepflanzt wurden. Wenn schon Bäume, dann Obstbäume, entschied Anita Götz aus dem Bauch heraus. Die blühen auch sehr schön. Es sei denn, es friert mal wieder zur Baumblüte.
Deshalb erhielten auch lokale und alte Sorten den Vorzug, sie sind robuster. Jüngst wurde ein weiterer Apfelbaum gepflanzt, ein ‘Danziger Kantapfel’. „Mir gefällt die Vorstellung, in dreißig Jahren darunter sitzen zu können und die herrliche Aussicht auf unsere Fichtelgebirgs-Landschaft zu genießen.“
Elke Pirsch