Über 12.000 Tulpen und Narzissen strahlen im Garten von Elisabeth und Silke Imig im Frühling um die Wette. Das furiose Spektakel im Kleverland konnten wir uns nicht entgehen lassen.
Es ist so ein Frühjahr, in dem alles gleichzeitig zu blühen scheint: Flieder und Blut-Johannisbeeren, Kirschen und herrlichste Zieräpfel wetteifern um bewundernde Blicke. Doch gegen das atemberaubende Spektakel der Tulpen und Narzissen zu ihren Füßen kommen sie nicht an.
Unglaublich: 5000 bis 7000 Tulpenzwiebeln, stets als Großbestellung aus den Niederlanden geliefert, versenken Elisabeth Imig und ihre Tochter Silke Imig-Gerold Jahr für Jahr im Boden.
„Allein zu zweit“ übrigens, denn männliche Unterstützung ist im Garten gar nicht gern gesehen. Und so nimmt sich Silke Imig-Gerold, die als Rentmeisterin im nahegelegenen Schloss beschäfigt ist, zur Pflanzzeit auch schon mal eine Woche Extra-Urlaub.
Dieses Mal allerdings kam prominente Unterstützung. Die Gartendesignerin JacquelineVan der Kloot war aus den Niederlanden angereist, um hier ein ganz besonderes Tulpenbeet zu gestalten – ein besonders buntes. Gelbe, orangefarbene, rote und violette Tulpen blühen nun unter dem Kirschbaum, direkt neben der Zufahrt auf das große, einst landwirtschaftlich genutzte Anwesen.
Die internationale Gartenpresse war begeistert: Engländer, Amerikaner, selbst japanische Gartenfotografen waren in den vergangenen Tagen zu Gast. Die Imigs sind dagegen ein wenig zurückhaltend. „Dieses Bollywood-Beet unterm Kirschbaum ist uns eigentlich zu bunt. Wenn demnächst der lilafarbene Zierlauch blüht – das ist eher unsere Farbe.“
Und tatsächlich: Wenn man dem knirschenden Kiesweg weiter folgt, um das geräumige Bauernhaus herum, herrschen Pastelltöne vor. Violettes Silberblatt, lila-farbene Veilchen, ein rosarot blühender Zierapfel mit bordeauxrotem Laub sind das Gefolge zur farblich entsprechenden Tulpenschar.
Darunter so Besondere wie die tief dunkelrote, fast schwarze Tulpe ‘Ronaldo’. Oder die weiß-violett gemusterte ‘Hot Pants’. Immer wieder allerdings wird die farbliche Harmonie durchsetzt von knallroten, sogar quietschgelben Tulpentupfen.
Ein herrliches Gesamtbild ist das, wunderschön komponiert, doch dabei keineswegs auf dem Reißbrett entstanden: „Planen ist nicht so unser Ding.“ Selbst wenn ein Arrangement ganz besonders gut geglückt ist, besteht wenig Ehrgeiz, es im nächsten Jahr zu kopieren. „Da experimentieren wir lieber wieder mit anderen Kombinationen.“
Jeden Herbst bietet sich dazu aufs Neue die Gelegenheit, weil die Tulpen direkt nach der Blüte gerodet und entsorgt werden. „Im zweiten Jahr kommen sie einfach nicht mehr so gut“, meint Silke Imig-Gerold.
Ganz anders sieht das bei den Narzissen aus, die mit der Zeit immer schöner werden. Seit vielen Jahren schon schmücken sie den etwa 3000 Quadratmeter großen gestalteten Gartenbereich rund ums Haus. Erst vor kurzem durften sie auch die Obstwiese erobern.
In weiß-gelben Ringen umtanzen sie nun die Bäume dort, später im Jahr werden sie von einer Wildblumenwiese aus Margeriten abgelöst. Eine lauschige Rundbank um den Kirschbaum lädt hier zum Verweilen ein.
Auch im Garten selbst findet sich immer wieder eine gemütliche Sitzgelegenheit, von der sich der Wandel der Jahreszeiten in Ruhe verfolgen lässt: In zwei Wochen wird der Zierlauch zur Höchstform auflaufen und vom nahenden Sommer künden.
Noch einmal zwei Wochen später haben dann die 130 Rosensorten im Garten ihren großen Auftritt. Zahlreiche Begleitstauden wie Rittersporn, Storchschnabel und Frauenmantel werden das vergilbende Laub der Frühlingsblüher dann zuverlässig verdecken.
Auch das Gemüsebeet, das der fünfköpfigen Familie zur Selbstversorgung dient, hat dann einiges zu bieten. Hier ist Elisabeth Imig „Chefgärtnerin“.
Ohnehin sind die Rollen im Garten klar verteilt: Die eine Hälfte bewirtschaftet Elisabeth Imig, seit 45 Jahren schon. Die andere Hälfte – neben dem ehemaligen, umgebauten Kuhstall, der Silke Imig-Gerold und ihrer Familie heute als Zuhause dient – wird von der Tochter betreut. „So kommen wir uns nicht in die Quere“, denn die Geschmäcker sind zuweilen recht verschieden.
Zum Beispiel bei den Rosen: Silke liebt vor allem aprikosenfarbene Sorten, Elisabeth eher Rosétöne. Silke bevorzugt eher niedrige Pflanzen, Elisabeth dagegen all das, was in die Höhe wächst. Sorgsam wird sie all die Dahlien und Taglilien später im Jahr an Stäben aufbinden.
Elisabeth ist eher die Ordentliche, während ihre Tochter gern mal alle Fünfe grade sein lässt. Dennoch überwiegt am Ende die Verwandtschaft: Wo die eine Gartenhälfte anfängt und die andere aufhört, ist nicht zu erkennen.
Und auch bei einem anderen Thema sind sich beide einig: „Neben dem Garten gibt es noch ein anderes Leben. Die Rundbank auf der Obstwiese zum Beispiel haben wir mit Gästen eine ganze Woche lang eingeweiht. Zeit zum Feiern und Genießen muss auch sein!“
Autorin: Kerstin Ackermann