Wieder sind wir unterwegs auf Gartentour, diesmal im niedersächsischen Landkreis Harburg. Es ist ein unglaublich heißer und trockener Junitag. Als wir spät abends im Landgasthof eintreffen, zeigt das Thermometer noch 22 °C an. Zum Glück greift der Wettergott nachts tief in seine Trickkiste und zaubert uns ein gewaltiges Gewitter. Um 6 Uhr in der Früh, der Spuk ist längst vorbei, geht’s auf zu Sigrid und Wolfgang Röder. Wie befürchtet, macht die Landschaft einen ziemlich nassen und zerzausten Eindruck.
Nach kurzer Fahrt sind wir in Handeloh angekommen. Dass wir vor dem richtigen Gartentor stehen, verrät uns eine kleine Schiefertafel mit der Aufschrift „Hier wohnen die Gartenliebhaber Sigi und Wolfi Röder“. Noch mit der Kaffeetasse in der Hand und den Worten „Na, Sie haben sich ja ein tolles Wetter für Ihren Besuch ausgesucht“, begrüßt uns Sigrid Röder. Als erstes fallen uns die mächtigen Eichen auf. „Die sind etwa 100 Jahre alt. Als wir uns das Grundstück vor 24 Jahren ansahen, gab es hier nur Eichen. Ich habe mich dennoch sofort in diesen Flecken Erde verliebt“, erzählt sie.
Heute erinnert der 3200 m2 große Garten an einen englischen Landschaftspark. „Wir haben viele Jahre in Südafrika gelebt, dort sind die meisten Gärten im englischen Stil gehalten“, erklärt Sigrid Röder. Gemeinsam schlendern wir nun auf einem breiten Rasenweg zum Teich. „Der war ziemlich dicht bepflanzt. Wir haben aber alles stark zurückgenommen, damit unsere Enkel im Teich planschen können“, sagt die 69jährige Hobbygärtnerin.
Trotzdem wirkt alles ganz natürlich. Frösche quaken, hier und da blühen Seerosen, am Ufer wächst eine Sand-Birke in Begleitung von Frauenmantel und Fingerhut. Als Hingucker drei Deko-Reiher, eine Laterne im Asia-Stil und wieder eines von Sigrid Röders selbstgemachten Schildern. Auf diesem steht: „Lebensraum für Molche, Libelle, Ringelnatter, Fische, Insekten“.
Wir lassen den Teich hinter uns und betreten das sogenannte Feenreich. Zuerst spazieren wir an einem gemütlich eingerichteten Holzpavillon vorbei, der unter einer Eichengruppe seinen perfekten Platz gefunden hat, von dort aus weiter über den Trollpfad in dichtes Grün aus Funkien und üppigen Farnen. Plötzlich tönt lautes Froschgequake vom Teich zu uns herüber. Wir treten ins Licht. Die Sonne steht jetzt höher, einzelne Strahlen brechen durchs Geäst der riesigen Eichen und werfen Lichtflecken auf den Rasenweg. Durchs feuchte Gras geht’s weiter. In diesem Gartenbereich hat der schöne Fingerhut das Sagen, der stolz seine purpurfarbenen Blütentrauben in die Höhe reckt. Hier und dort perlen Regentropfen von den Hüten. Konkurrenz bekommen die Waldstauden von den Pfingstrosen, die das heftige Gewitter erstaunlich gut überstanden haben.
Rechts und links der breiten Rasenwege, für deren gutes Aussehen Wolfgang Röder verantwortlich ist, wechseln sich Gehölzrabatten aus Felsenbirne, Perückenstrauch und Sommerspiere mit Staudenbeeten aus Glockenblumen, Pfingstrosen, Zierlauch, Katzenminze, Akelei, Meerlavendel und Schleierkraut ab. Dazwischen immer wieder mächtige Eichen, die mit Rhododendron, Purpurglöckchen, Anemonen, Elfenblumen, Waldmeister, Maiglöckchen, Duft-Veilchen, Funkien und Farnen unterpflanzt sind.
Alles macht einen ausgesprochen gepflegten Eindruck. Auf die Frage, wie die Röders die vielen Quadratmeter denn so gut in Schuss halten können, meint Sigrid: „Unser Garten ist sehr pflegeleicht. Zum Beispiel sind die Beete dicht bepflanzt und mit Rindenmulch abgedeckt, so kommt kaum Unkraut auf. Und von den Rosen habe ich mich verabschiedet, die sind zu pflegeintensiv. Am Pavillon wächst jetzt Geißblatt“.
Dazu kommt, dass die Röders naturnah gärtnern. „Bei uns bleibt alles im Garten, mit Laub und Grasschnitt mulchen wir die Beete, die anderen Reste kommen auf den Kompost oder in die Totholzecke“, erklärt sie.
Es ist nicht zu übersehen, dass dem Ehepaar der Schutz der Umwelt am Herzen liegt – überall Insektenhotels, Vogelhäuser und Fledermauskästen. Sigrid Röders Begeisterung fürs naturnahe Gärtnern ist ansteckend. Viele Gäste, die das Naturparadies am Tag der offenen Gartenpforte besuchten, eröffnen kurz darauf ihr eigenes Insektenhotel.
Monica Lietzau