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Muster-Gärten

Von GartenFlora

Die Natur macht’s vor: Mit unbestechlicher Regelmäßigkeit fügen sich die dickfleischigen Blätter des Hauswurz zu einer eindrucksvoll wohlproportionierten Rosette. Auch die Sporenlager unterseits der Hirschzungenfarn-Wedel scheinen wie mit dem Lineal vermessen. Verblüffend gleichmäßig ziert eine Würfelzeichnung die Blütenbecher der Schachbrettblume. Wohl am berühmtesten aber: Das nahezu symmetrisch fiederspaltige Blatt des Bärenklaus (Acanthus), das als stilisiertes Ornament bereits die Kapitelle korinthischer Säulen schmückte. Sonderlich ungewöhnlich sind regelmäßige Muster im Reich der Pflanzen also durchaus nicht. Allerdings bietet der Garten als ein von Menschenhand geschaffener, „künstlicher“ Raum die Möglichkeit, das Thema auf die Spitze zu treiben.

Da wären zum Beispiel die mannigfaltigen Laubfarben und -strukturen, mit denen Blattschmuckstauden, Gehölze, vor allem aber zahlreiche Gemüsearten aufwarten. Man denke nur an lindgrün und braunrot gekrauste Pflücksalate, glänzend gelb- und pinkstieligen Mangold, die Rote Melde, stumpf blaugrünen Lauch und den satt purpurvioletten Grünkohl ‘Redbor‘. Mit so viel Blattfarbe auf der Palette, lässt sich mühelos ein dekoratives Pflanzmuster auf die Beete malen. Schließlich isst das Auge mit!

Ob klassisch im Streifenlook, blockartig als appetitliches Schachbrett angeordnet, in konzentrischen Kreisen oder frei schwingenden Linien – die starke grafische Wirkung entsteht stets durch Wiederholung. Selbstverständlich sind auch Blüten exzellente Farbgeber, wenngleich oft nicht von allzu langer Dauer. Am ehesten gelingt es Sommerblumen, wie Tagetes, Lobelien, Fleißigen Lieschen oder niedrigen Zinnien, über längere Zeit ein vorgegebenes Flächenkonzept auszufüllen. Die Perfektion der großen viktorianischen Schmuckbeete, die zudem mehrmals im Jahr neu bepflanzt wurden, wird dabei wohl niemand anstreben. Dennoch: ein kleines Blütenornament, zum Beispiel im Vorgarten, in engem Bezug zum Haus, findet auch heute noch seine Liebhaber.

Daneben sind es ganz stark geometrische Formen, die einem Garten ihr Muster aufprägen. So fügen sich quadratische Steinplatten im Wechsel mit kurz geschorenen Rasenstücken, trittfestem Teppich-Thymian (Thymus serpyllum, Thymus herba-barona) oder Sternmoos (Sagina subulata) zu einem interessanten Bodenbelag im Patchwork-Stil. Erwächst aus dieser Fläche dann noch der eine oder andere Eibenwürfel oder gemauerte Rechtecksockel, erobert der Karo-Garten gar die dritte Dimension.

Weniger nüchterne Ordnung, dafür umso mehr Dynamik schaffen runde Formen in der Gestaltung. Ob Kugeln, Kreise, Halbbögen, Spiralen – sie alle können hervorragend miteinander kombiniert werden. Und sie zeichnen wie von selbst ihre schwungvollen Muster in den Garten. Etwa sobald ein Satz kugelig geschnittener Buchsbäume in der locker hingetupften Frühlingsblüherwiese sichtbar wird oder sich die schmalen Pflasterbänder im Rasen mit etwas Abstand als Abfolge gleichmäßiger Kreissegmente entpuppen. Selbst Linien in freiem organischem Verlauf passen ins Bild, sofern sie einer gewissen Wiederholung unterliegen.

Vielfach sind es aber gerade die kleinen Lösungen, mit denen sich der Garten in ein mustergültiges Vorzeigeobjekt verwandeln lässt, ohne dabei überfrachtet zu wirken: Das selbst verlegte Kieselmosaik oder die Natursteinbordüre, mit der die eintönige Terrasse mehr Pepp erhält. Das Ensemble aus gleich großen, gleich angeordneten quadratischen Pflanzkästen, in denen ein Potpourri aromatischer Kräuter gedeiht. Oder als temporärer Hingucker: In doppelter Spiralform versenkte Krokusknollen, die im folgenden Frühjahr ihre weiße sowie violette Schneckenlinie ineinanderlaufen lassen. Auf der Rabatte ragen in rhythmischem Abstand auffällige Leitstauden empor und verleihen ihr so ein strukturierendes Muster. Erwähnenswert auch der Rasenmäher: Er lässt es sich ohnehin nicht nehmen, sein Streifendessin ins saftige Grün zu schneiden.

Autorin: Saskia Richter