Mit dem schelmischen Lächeln der „intelligenten Faulen“ begrüßt uns Landschaftsarchitektin Renate Froese-Genz am Tor. Na, was sagt ihr dazu? Zunächst fragen wir uns, ob wir hier wohl richtig sind.
Garten, Wildnis, Gartenwildnis oder was? Wahrscheinlich von allem ein bisschen und auf alle Fälle so, dass wir uns nach den ersten Schritten in dieses verwunschene Reich an etwas erinnert fühlen, dass heute tief im Unterbewusstsein schlummert. Was es wohl ist?
Ach ja, der verbotene Garten, den wir als Kinder so spannend fanden. Vom fragilen Staketenzaun schoben wir heimlich eine gelockerte Latte zur Seite und schon waren wir drin. Genau dieselben bescheidenen und dabei so fesselnden Pflanzen gab es da. Nie sah man in diesem Garten jemanden arbeiten oder Kannen schleppen.
Unsere Gastgeberin lächelt: Sie investiert im Frühjahr rund zehn Stunden in die Pflege ihres Gartens und im Herbst noch einmal genau so viele. Das Ergebnis solchen Tuns oder eher Lassens ist eine wildromantische Wildblumenwiese hinter dem Haus.
Wie kann das gehen, wo doch die Potsdamer Feldflur gleich jenseits des Weges das gewohnte Bild einer typischen Quecken- und Goldruten-Wüste bietet? Wo sich an den Wegrändern die wahrlich imposante Wilde Karde breitmacht, die mit ihren zahllosen Samen einen so kleinen Garten allerdings im Nu überfordern würde?
Ganz im Selbstlauf ging natürlich nichts, räumt die überzeugte Naturgärtnerin ein. „Noch während wir hier vor 16 Jahren unser Haus bauten, hatte mich die faszinierende Idee vom Naturgarten gerade voll gefangen genommen. Der Neubeginn auf der kleinen Scholle passte einfach perfekt ins Timing.“
Renate Froese-Genz war sich sicher, und konsequent zog sie durch, was dem konventionell Gärtnernden wahrscheinlich einen Aufschrei entreißen würde: Sie ließ den gesamten Oberboden, den Mutterboden, abschieben, gute 10 bis 15 Zentimeter.
Das ist nichts Ungewöhnliches, wenn man einen Naturgarten anlegen möchte. Namentlich die allgegenwärtige Quecke wäre eine zu starke Konkurrenz für zierlichere Wildkräuter, gleichzeitig ist man damit auch die Samen aller nicht willkommenen Kräuter erst einmal los.
Nach diesem Akt der Gewalt bestellte sich die Gärtnerin Wildsaatgutmischungen und auch Wildpflanzen und begleitete das weitere Geschehen aufmerksam: „Man muss das Strategieverhalten der Pflanzen genau beobachten“, verrät sie und meint damit, dass Arten, die zu wuchsstark sind und andere bedrängen, im Zaum zu halten sind.
Und so musste die attraktive Wilde Karde, anfangs erwünscht, dann als zu rabiat entlarvt, eben wieder weichen. Auch beim Grassamen-Anflug, vor allem dem von verschiedenen Rispengräsern, heißt es: dranbleiben!
Nicht verzichten möchte sie dagegen auf die hübschen Bommeln vom Kugel-Lauch, Allium sphaerocephalon, der schon so lange bei uns eingebürgert ist, dass er nach ihrer Definition als einheimisch gelten kann. Doch der ziert sich ein wenig, hält immer nur zwei Jahre durch, weil der Boden gar zu mager ist.
„Macht nichts, den stecke ich immer wieder nach, die Zwiebeln sind ja so günstig.“ Eine sehr entspannte Einstellung, bei der sich auch die Frage nach der akkurat geschnittenen Hainbuchen-Hecke an der Südseite des Gartens (für den Sichtschutz) und nach der fernöstlichen Herkunft der Pfeifenwinde an der Hauswand (für die Geborgenheit) erübrigt.
Schon vor Jahren hat der Garten zu einem inneren Gleichgewicht gefunden. Die zweimal zehn Stunden sind keine Schönrechnerei. „Ich gieße nie, streue keinen Dünger, und sogar den Schnecken ist es zu trocken am Bauch“, wirbt Renate Froese-Genz, die es gern hat, wenn ihre Art zu gärtnern auch andere in ihren Bann zieht.
Der Naturgarten entspricht so ganz ihrem Gartenideal. Ein solcher Garten bleibt stets spannungsreich, ist preisgünstig, pflegeleicht und zudem ressourcenschonend: weder Torf noch Dünger, kein Zusatzwasser und kein Gift.
Zur offenen Pforte wird sie dann schon einmal – mit einem Seitenblick auf den Schwimmteich – mit der launigen Frage konfrontiert, was sie denn mit der gewonnenen Freizeit beginne. Bestimmt müsse sie viel Zeit in das Sauberhalten des Schwimmteiches investieren. Ab und zu käme der Kescher zum Einsatz, doch das sei eigentlich in den zehn Stunden schon drin, kontert dann die Gärtnerin.
Das Fragezeichen im Gesicht des Besuchers amüsiert sie, doch sie klärt ihn auch sofort auf: Die Sumpf- und Wasserpflanzen greifen nicht auf den Schwimmbereich über, ein Holzrahmen unter Wasser trennt ihn vom Pflanzenbereich. Zwischen den stabilen Balken aus Lärche zirkuliert das Wasser zwischen beiden Bereichen, wird auf diese Weise natürlich geklärt.
Weil die Landschaftsplanerin von eben diesem Schwimmteichsystem völlig überzeugt ist, baut sie es seit einigen Jahren auch auf Wunsch in Kundengärten ein. Dort bleibt die gewonnene Freizeit.