Rund 20 Sorten Zierschnittlauch finden sich in deutschen Staudengärtnereien, die reinen Küchengartenzüchtungen nicht mitgerechnet. Es handelt sich um Auslesen mit aparten Blüten und höchst unterschiedlichen Wuchsformen. Da lohnt der nähere Blick. Denn Schnittlauch kann noch viel mehr als nur großartig schmecken.
Schnittlauch – voraussichtliche Lesedauer: 6 Minuten
Sein wissenschaftlicher Name Allium schoenoprasum bedeutet in etwa „der Lauch mit Halmen wie Binsen“, zu Deutsch auch Binsenlauch oder Graslauch. Ins Rampenlicht also mit der robusten Staude, von der es übrigens mehr gibt als „grobröhrige“ „mittelgrobröhrige“ und „feinröhrige“ Züchtungen.
Man kennt ihn, aber zur High Society im Küchengarten, geschweige denn im Ziergarten, gehört Schnittlauch trotzdem nicht. Man hat ihn eben im Garten, genau wie Petersilie, aber die fordert wenigstens Beachtung ein, möchte man das gekrauste Würzgrün in Mengen ernten. Schnittlauch dagegen wächst weitgehend ignoriert vor sich hin, toleriert jede Bodenart und spendiert von Früh- bis Spätjahr bereitwillig zwiebelig schmackhafte Halme.
Wenn er dann in pastellenen Fliedertönen blüht, juckt es dem Gemüsegärtner schon in den Fingern. Die Blüten müssen so schnell wie möglich weg, um nicht etwa Samen auszubilden, damit so viel Energie in die grünen Röhren geht wie möglich! Mancher hält es gar nicht erst bis zur Blüte aus, sondern kneift gleich die noch geschlossenen Blütenknospen aus.
Schützenswerte und teils auch schutzbedürftige Insekten wie Hummel und Schmetterling gehen dann leer aus, und der optische Höhepunkt im Kräuterbeet ist somit auch dahin. Zudem sind die Blüten durchaus genießbar. Die Sorte ‘Sterile’ bildet sogar samenlose Blütenköpfe, die besonders lange zart bleiben. Nach der Blüte ist doch immer noch Zeit, den Schnittlauch zu köpfen, oder?
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Staudengärtnereien bieten auch Sorten an, die nach ihrem Zierwert selektiert wurden, die etwa in Weiß blühen oder prächtig in Purpurrosa, sich auch im Wuchs deutlich voneinander unterscheiden. Manche bilden dichte, niedrige Horste, andere strecken sich während der Blüte auf gut 40 cm Höhe. Danach sind sie vom Küchenschnittlauch praktisch nicht mehr zu unterscheiden. Auch blühen nicht alle gleichzeitig, strecken somit die Blütenphase von wenigen Tagen auf bis zu drei Wochen.
Der prominenteste Star der deutlich glamouröseren Schnittlauchszene ist die großblumige Sorte ‘Forescate’, die üppig wächst, in einem kräftigen Purpurrosa blüht und, wie alle anderen auch, in der Küche glänzt. Aber wie erwähnt, Schluss mit praktisch! Schnittlauch gehört auf die große Bühne, verdient den Oscar für die beste Nebenrolle, denn als alleiniger Akteur kommt er nicht optimal zur Geltung. In Kombination mit dem Hochadel der erlauchten Verwandtschaft, den „echten“ Zierlauchen, kommen beide groß raus. Allium ‘Purple Sensation’ und ‘Purple Rain’ wären Beispiele solcher Partner aus der gleichen Gattung. Beide harmonieren farblich sehr gut mit Schnittlauch. Sie überragen ihn zwar um Blütenköpfe, wirken aber ohne das fliederfarbene Bodenpersonal doch recht verloren und langbeinig.
Wenig bekannte Sorten
Nur wenige Maßnahmen reichen, um praktisch ganzjährig Schnittlauch ernten zu können. Er freut sich über Licht, gleichmäßig feuchten Boden und ab und an über ein wenig stickstoffbetonten Dünger. Regelmäßiges Teilen oder junge Aussaaten halten die Bestände wüchsig. Im Garten sollte er ab und an gedüngt und gewässert werden. Er gedeiht und vermehrt sich auch unter „Steppenbedingungen“, aber nur, wenn Sie das Messer stecken und ihn blühen und schließlich fruchten lassen. Der ausfallende Samen macht aus ein paar Pionierstauden im Laufe der Jahre eine rosa Wiese.
Eine Gabe stickstoffbetonten Flüssigdüngers während der Blütezeit lässt ihn danach voller Elan weiterwachsen, selbst wenn man ihn sogar Saatgut ausbilden lässt. Die Samenkörner lassen sich übrigens in der Küche verwenden oder zur Vermehrung des Zwiebelgewächses.
Im Übrigen blüht auch der edle Zierlauch nicht länger als Schnittlauch. Stauden der Violett-Blau-Rosa-Fraktion wie Storchschnabel, Berg-Flockenblume, Iris oder Akelei spielen ebenfalls gern, gut, gleichzeitig und vielgestaltig in der passenden Farbliga. Sie unterstützen den Schnittlauch, etwa durch andere Wuchsformen und -stärken, durch kontrastierende Strukturen und miteinander harmonierende Farben. Schwieriger zu kombinieren sind dagegen Gelb oder warme Rot- und Orangetöne, selbst mit neutral weiß blühenden Schnittlauchsorten.
Aber auch hier gibt Schnittlauch den Kompromissbereiten. Gegen Ende Mai zieht er sich als unauffälliger grüner Schopf aus dem Rampenlicht zurück, überlässt den Sommerblühern freiwillig die Rabatte. Während er sich tarnfarben versteckt, wachsen seine Horste im Verborgenen ganz nebenher weiter, doch ohne unkontrollierbar zu wuchern. Würden Sorten wie ‘Corsican White’, ‘Augenschmaus’ oder ‘Forescate’ nicht so strahlend in Weiß oder Dunkelrosa, ‘Mauve’ sogar in Blassrosa blühen, könnte man meinen, Schnittlauch wolle völlig unter dem Radar gärtnerischer Beachtung hinwegtauchen.
ACHIM WERNER
Aufs Dach gestiegen und geblieben! Wer nicht ernten möchte, braucht Schnittlauch kaum zu pflegen. Der ideale Dachbegrüner!
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