Ein verregneter Tag im niedersächsischen Asendorf. Ein wenig hektisch empfängt uns Baumschulinhaberin Dr. Ute Hoffmann-Deterding. Es ist Versandzeit. Doch werden heute keine Bäume verschickt, sondern Äpfel. Wieso das denn? Eine Antwort bekomme ich nicht, werde aber nett gebeten, beim Verpacken mitzuhelfen. Warum nicht, gerne! Schließlich werden die Pakete schon in einer knappen Stunde abgeholt.
Was hier in große Kartons wandert, sind Äpfel Dutzender verschiedener, meist alter Sorten. Von jedem drei bis fünf Stück, Sorte für Sorte in Papiertüten verpackt und beschriftet mit Namen wie ‘Krügers Dickstiel’ oder ‘Schöner aus Boskoop’.
Rund 16 Sorten passen in ein 10-kg-Paket. Ein Probierpaket, erfahre ich dann doch noch. Für alle, die Äpfel kosten möchten, ehe sie sich für einen oder mehrere Bäume entscheiden. Und für Allergiker, die unter einer sogenannten Kreuzallergie leiden. Das will mir die Chefin später erklären. Jetzt gilt es derst einmal, alle Zwischenräume mit Stroh auszustopfen.
Gut 100 kg gehen an diesem Tag dann pünktlich auf die Reise. Erst danach kommen wir dazu, uns in Ruhe zu unterhalten.
So erfahre ich, dass Ute Hoffmann studierte Biologin ist, Lehrerin werden wollte. Dass sie vor über 20 Jahren im Garten der Eltern zum ersten Mal das Veredeln von Obstbäumen ausprobiert hatte. Der Erfolg spornte an, denn nur wenige Jahre darauf gründete sie ihre Baumschule in Asendorf.
Seit 1996 stehen dort auf mittlerweile fast sieben Hektar Obstbäume, alte für den Obstverkauf und junge, die in der Baumschule herangezogen werden. Auch Rosen kultiviert Ute Hoffmann – alles nach Biolandprinzipien. Synthetische Pflanzenschutzmittel kamen ohnehin nie infrage, weil Tochter Sofia gern im Obstgarten und auf den Anbauflächen spielte.
„Unsere Bäume wachsen langsamer und müssen teils von Hand aufwändig von Unkraut befreit werden. Das macht sie zwar teurer. Dafür verlassen sie unseren Hof als robuste, an raue Bedingungen angepasste Junggehölze, die auch auf mageren Standorten leicht anwachsen.“
Über 600 Obstsorten, davon allein 350 Apfel-, 90 Birnen- und gut 100 Steinobstsorten, bieten Ute Hoffmann und ihr Mann Volker Deterding an. Warum so viele, und warum vor allem die alten?
„Weil sie so viele verschiedene Aromen bieten, und weil ich so manche aus dem Obstgarten meines Großvaters kenne. ‘Pannemanns Tafelapfel’, DEN Apfel meiner Kindheit zum Beispiel, habe ich lange suchen müssen: saftig, süß und sehr lange lagerfähig! Jetzt zählt er zu unserem Sortiment.“
Und was hat es denn nun mit dem Allergikerobst auf sich? Manche Menschen vertragen moderne Apfelsorten schlecht. Der Grund: ‘Golden Delicious’ und viele der modernen Sorten, die auf ihn zurückgehen, können allergene Eiweißstoffe enthalten. Daher tritt die Allergie erst seit etwa zwanzig Jahren vermehrt auf.
Alte Sorten sind dagegen meist frei davon und können in aller Regel auch von Allergikern roh genossen werden. Vorher sollten sie jedoch den Arzt fragen und mit nur etwas Naschobst beginnen. Dutzende zufriedener Kunden haben allerdings bereits bestätigt, dass sie endlich wieder Äpfel roh und ungeschält essen können, ohne eine allergische Reaktion befürchten zu müssen.
Auf das Thema gestoßen ist das Ehepaar nach einem Apfeltag mit Verkostung alter Sorten. Ein Besucher, Apfelallergiker, hatte zu seiner Verwunderung Äpfel probiert, ohne dass sich das bekannte Kribbeln auf den Lippen eingestellt hatte.
Es stellte sich heraus, dass ‘Jakob Lebel’, ‘Berlepsch’ und ‘Weißer Klarapfel’ keinerlei Symptome hervorriefen. Grund genug, mehr zu diesem Thema herauszufinden und schließlich kleine und große Pakete mit vielen verschiedenen Traditionssorten zusammenzustellen. Die Sortimente werden inzwischen aus ganz Deutschland angefordert.
„Das sind ja nicht in erster Linie Äpfel nur für Allergiker, sondern viele tolle alte Sorten für alle erdenklichen Zwecke. Nehmen Sie die ‘Goldparmäne’, die wunderbar süß schmeckt und auch bei Kindern ankommt. Würzig-säuerlich sind dagegen der ‘Boskoop’ oder der ‘Winterglockenapfel’.
Die beiden sowie der ‘Blumberger Langstiel’ sind prima Kuchenäpfel, die sich zudem gut lagern lassen.“ Da ist für jeden die passende Lieblingsfrucht dabei. Bestimmt auch für Sie! Doch wie nur findet man unter Hunderten von Sorten seine Favoriten? Ute Hoffmanns Probierpaket wäre vielleicht ein Anfang …
Wir waren neugierig und haben uns ein großes Probierpaket mit Apfelsorten schicken lassen. Einzeln im Papiertüten verpackt, akribisch beschriftet und mit Stroh gepolstert kamen nach wenigen Tagen insgesamt 16 ganz unterschiedliche Sorten in der Redaktion an.
Einige alte Bekannte wie der ‘Boskoop’ oder die beliebte kanadische Züchtung ‘Ontario’ waren enthalten, überraschenderweise aber auch eine ganz moderne Sorte aus den Niederlanden: ‘Santana’. Auch sie zählt zu den wenig allergenen Sorten.
Besonders spannend für uns waren jedoch die Lokalsorten, die kaum einer kennt: ‘Pannemanns Tafelapfel’, der ‘Apfel von Akerö’ oder der ‘Sulinger Grünling’ beispielsweise. Die Probierpakete gibt es auch mit anderen Obstsorten, am bekanntesten und weit verbreitet ist jedoch die Kreuzallergie gegen Äpfel.