In einem verträumten Dorf im Oderbruch hat sich Alfons Breier einen Traum erfüllt: Sein eigenes Hofcafé mit Kräutergarten! Hier bereitet der Koch leichte und herzhafte, süße oder würzige Leckereien zu. Und immer mit frisch geernteten Kräutern.
Don Alfonso lese ich auf seiner Kochjacke: „Und die muss weiß sein – ganz altmodisch!“ Darauf besteht Kräuterkoch Alfons Breier. Klingt ja ganz schön kategorisch, denke ich mir, merke aber ziemlich schnell, dass ich hier einen weltoffenen und vor allem experimentierfreudigen Küchenchef vor mir habe.
Der gelernte Koch und Fleischer hat das elterliche Anwesen im Oderbruch unweit der polnischen Grenze mit viel Eigenleistung liebevoll zum Landgasthof umgebaut, den er zusammen mit Frau Bärbel führt. Seit neun Jahren ist „Breiers Kräutergarten und Hofcafé“ in Rathsdorf bei Wriezen eine gute Adresse für frische und leichte Küche. Und zwar mit Saisongemüse aus der Region, genauer, aus dem weitläufigen Küchengarten direkt hinterm Haus.
Frischer geht’s kaum. Muss auch so sein, denn die essbaren Blüten, die Don Alfonso ganz besonders gern verwendet, welken schon nach kurzer Zeit.
Hätten Sie’s gewusst? Dahlienblüten beispielsweise sind genießbar. Im Ganzen vielleicht ein wenig zu wuchtig, aber die ausgezupften Blütenblätter lassen sich wunderbar in Blattsalate mischen.
Sie gehören, wie auch die orangegelben Blüten von Kapuzinerkresse und Ringelblumen zum Standard. Ausgefallener sind da schon die eleganten braunroten Taglilienblüten als essbare Tellerdeko mit leicht pfeffrigem Aroma. Apropos ausgefallen: In Breiers Kräutergarten stehen neben Petersilie und Schnittlauch Dutzende seltener oder fremdländischer Küchenkräuter.
„Nichts gegen Petersilie, die muss sein, aber probieren Sie doch mal Mexikanisches Pfefferkraut! Die scharf schmeckenden Blätter sind groß genug, um Fleisch damit einzuwickeln. Das nimmt dann beim Garen die Schärfe an“.
Wie er auf derart exotische Küchenkräuter gekommen ist? Der Brandenburger war schon als Jugendlicher hinter Saatgut, Ablegern oder Stecklingen nicht ganz alltäglicher Pflanzen her. Und, wie’s eben so ist bei Pflanzensammlern, eine Pflanze kommt zur anderen, die Interessen erweitern sich auf weitere Pflanzengruppen.
Und dass ein gelernter Koch früher oder später auf Kräuter-Exoten verfällt, verwundert nicht weiter. Aber nicht alles, was hier auf den Tisch kommt, muss aus fernen Ländern stammen. Dem Chinesischen Gemüsebaum (Toona chinensis) mit seinen großen gefiederten Blattschwingen, oder der grazilen Gewürz-Tagetes mit kleinen orangeroten Blütchen und herb-frischem Aroma machen mit- unter ganz gewöhnliche einheimische Wildkräuter Konkurrenz.
Da darf’s auch mal ein Salat aus heimischen Wildkräutern sein. Hirtentäschel, Vogelmiere, Giersch, Melde oder Löwenzahn werden hier nicht gejätet, überleben aber trotzdem nicht lang. Manch überraschter Gast findet das „Unkraut“ auf seinem Teller und stellt fest. „Das schmeckt ja richtig gut!“
So sieht’s auch der Koch: „Ein Spinat von selbst gesammelten Wildkräutern deklassiert jedes Blattgemüse aus dem Gefrierschrank. Das Aroma ist vielfältiger und deutlich intensiver! Und Sie kennen die Herkunft.“
Beim Experimentieren geht der Endvierziger auch mal an Grenzen: „Sogar aus Brombeeren oder Rosenblüten haben wir schon Ketchup gekocht. Wer sagt denn, dass er immer nur aus Tomaten bestehen muss?“
Sagt’s, geht ein paar Schritte, pflückt eine Chili und verrät mir, wie einfach ich aus den Schoten ein Gewürzsalz herstellen kann. Ein bis zwei der scharfen Früchte zerkleinert in einem offenen Glas mit Salz mischen und warten, bis sie getrocknet sind.
Mit dem Küchenmixer kurz zerkleinern und gut verschließen, fertig! „Ganz einfach zu dosieren, und erst die tolle hellrote Farbe!“ schwärmt Breier.
Sein Wissen gibt er übrigens gern in seinen Kräuterseminaren weiter (Termine und Voranmeldung unter www.breiers-kraeutergarten.de oder Tel. 033456/70049). Teilnehmer erfahren bei einem Rundgang durch den Bauerngarten hinterm Fachwerkhaus eine Menge über Wild- und seltene Küchenkräuter.
Zum Ausklang gibt’s ein mehrgängiges Menü vom Kräuterkoch, natürlich mit den gerade noch vorgestellten Gartenzutaten. Für alle, die selbst keine Kräuter konservieren möchten, hält Alfons Breier selbst hergestellte Kräutersalze, eigene Würzmischungen und Liköre zum Mitnehmen bereit.
Und wer am liebsten einfach nur genießt, reserviert einfach einen Tisch in „Breiers Kräutergarten“ und lässt sich bekochen, so wie ich. Nur eins ärgert mich – auch noch Monate nach meinem ersten Besuch: Don Alfonso verrät mir sein Rezept für Nudeln mit Rosenblütenpesto nicht! Die bekomme ich nur bei ihm.
Meinen nächsten Besuch habe ich deshalb schon fest eingeplant. Vielleicht treffen wir uns ja!
Achim Werner