Während einer Bildungsreise entdeckten sie ihr Interesse an umweltbewusster Lebensart. Jetzt leben Jutta Profijt und ihr Mann Markus fast ausschließlich von den Früchten ihrer Gartenarbeit.
Ein Selbstversorgergarten liegt in ländlicher Umgebung, vielleicht sogar etwas abseits der Zivilisation. Mag man denken. Korschenbroich am Niederrhein ist jedoch gar nicht so klein. Und der Garten der Profijts selbst liegt direkt im Wohngebiet, an einer Straße mit Bürgersteig, flankiert von gutbürgerlichem Gartengrün. Auch das Wohnhaus räumt mit dem Klischee in unseren Köpfen auf: Keine urige Bauernkate, sondern ein umweltfreundliches Plus-Energiehaus mit Solaranlage auf dem Dach.
Ungewöhnlich ist auch die Lage des Gemüsegartens: Schon im Vorgarten empfangen uns auf 125 Quadratmetern Anbauflächen in Mischkultur.
„Als Selbstversorger probieren wir gerne vieles aus. Was uns jedoch zu aufwändig ist, lassen wir bleiben. Für uns ist es wichtig, bewusst, aber genussvoll zu leben.“ Jutta Profijt
Hier stehen in bunter Eintracht Kartoffeln, Kohl, Salat, Mangold, Bohnen, Kohlrabi, Möhren, Lauch und Erdbeeren beisammen. Sogar Buchweizen und Mais gedeihen hier. Dazwischen verströmen Kräuter wie Dill, Lavendel und Rosmarin ihr Aroma. Farbtupfer steuern die Blüten von Malven, Ringelblumen, Nachtkerzen und Kosmeen bei. Jutta Profijt öffnet uns die Pforte: Die dynamische, sportliche Mittvierzigerin hat uns vom Kartoffelacker aus entdeckt, wo sie gerade die roten Knollen der Sorte ‘Laura’ ausgräbt. Sie bemerkt unser Staunen und erklärt: „Die Lage des Grundstücks und des Hauses haben uns dazu bewogen, einen Teil unserer Anbauflächen in den sonnenverwöhnten Vorgarten zu legen. Warum auch nicht?“
Dann führt sie uns in den hinteren Gartenteil. Hier wartet die nächste Überraschung: Ein ausgedehnter Schwimmteich erstreckt sich über das Grundstück der Profijts sowie das ihrer Nachbarn. „Ein Gemeinschaftsprojekt, denn wegen der einzuhaltenden Grenzabstände wäre er sonst für jeden von uns zu klein geworden“, so die pfiffige Erklärung. Dahinter liegt eine 1000 Quadratmeter große Obstwiese, deren Grenze mit der dahinterliegenden Landschaft verschmilzt. Hühner dürfen dort scharren, wo die Hausherrin kein Zäunchen gezogen hat. Ein Gewächshaus beherbergt Tomaten, Paprika und einen Weinstock.
Jetzt sind wir neugierig: Kann man sich wirklich ganzjährig aus dem Garten ernähren? Jutta Profijt denkt pragmatisch: „Es ist eher eine Art Mischkalkulation: Die Gemüseernte reicht für einen Großteil des Jahres – außer fürs Winterloch Februar und März. Den Honig liefern unsere Bienen, die Eier die Hühner. Biofleisch, Getreide, Leinsamen und Rosinen kaufen wir zu. Bis die frisch gepflanzten Obstbäume ausreichend tragen, ergänzen wir unsere Obstvorräte über Mitpflückgemeinschaften.“ Dank dieser Profijtschen Initiative werden Früchte aus offen gelassenen Anbauflächen und überschüssige Erträge der Umgebung verwertet.
Und wie kamen die beiden überhaupt dazu, sich weitgehend selbst zu versorgen? „Wir waren beide im kaufmännischen Bereich tätig: Ich arbeitete als Projektleiterin im Anlagenbau, Markus als Unternehmensberater. Den Anstoß gab eine Bildungsreise auf einem Segelfrachtschiff. Es ging um umweltbewusstes Leben, um die Abkehr vom konsumorientierten Lebensstil, auch um die Unabhängigkeit von Erdöl und dessen Produkten.
Das hat uns beeindruckt, und im Laufe der Jahre haben wir die Selbstversorgung immer weiter ausgebaut und auf unsere Bedürfnisse abgestimmt. Dabei haben wir viel experimentiert. Was nicht praktikabel ist, lassen wir bleiben. Etwa Bier brauen oder Waschmittel selbermachen. Aber Joghurt aus naturbelassener, noch handwarmer Milch vom nahegelegenen Bauernhof herzustellen, geht ganz einfach: abholen, abkochen, auf 42 Grad abkühlen lassen, einen Esslöffel Joghurt einrühren und in einer Styroporkiste im noch warmen Backofen sieben Stunden ruhen lassen – fertig!“
Woher nur nimmt die umtriebige Garten-Autodidaktin die Zeit für so viel Engagement? Und wie lange pflanzt, pflegt und erntet sie im Garten? „Zugegeben, da sind wir in einer komfortablen Lage: Als freie Buchautorin kann ich mir meine Zeit meist flexibel einteilen. Mein Mann, Dozent für Umweltmanagement, unterstützt mich bei der Gartenarbeit und mit seinem Hobby, der Imkerei.
Im Frühjahr gibt’s am meisten zu tun: Rund 16 Stunden die Woche verbringe ich damit, Beete vorzubereiten, auszusäen und zu pflanzen. Im Sommer und Herbst liegt das Pensum für Pflege und Ernte bei zehn Stunden pro Woche – allerdings ohne Verarbeiten und Konservieren. Im Winter habe ich dann Zeit zum Planen … und zum Bücher schreiben!“ Die gelernte Exportkauffrau und Übersetzerin landete mit ihrem Erstling, einem Lokal-Krimi, einen fulminaten Erfolg. Weitere Bücher folgten.
Besonders erfolgreich ist ihre preisgekrönte „Kühlfach“-Krimiserie. Aktuell berichtet Jutta Profijt über Freud’ und Leid im Garten in ihrem kurzweiligen, informativen Blog: Reinschauen empfohlen, Schmunzeln garantiert, Nachmachen (der Erfolge) erwünscht!
Jutta Profijt hat ihre Erfahrungen zum Gärtnern, zu ökologischer Lebensweise und zur Selbstversorgung Monat für Monat protokolliert, in diesem Buch authentisch und humorvoll zusammengetragen:
Green Blogging: Selbstversorgung zwischen Lust und Frust
Broschiert ● 144 Seiten ● zahlreiche Farbabbildungen sowie Illustrationen ● 16,99 € ● ISBN 978-3-8354-1258-3 ● BLV Verlag 2014
Möhrchenprinz
352 Seiten ● 9,95 € ● ISBN 978-3-423-21471-1 ● DTV Verlag 2013
Ihr Roman über Ökobewusstsein contra Bequemlichkeit. Spritzige Unterhaltung mit sympathischen Figuren, gewürzt mit rasanter Situationskomik und intelligentem Sprachwitz:
Jutta Profijts Gartenblog: 41352 einfach besser leben