Eine Thuja-Hecke. Ringsum Wildnis. Mit Brennnesseln und Quecken, Wildschweinen und Rehen. Mittendrin unser „Garten“. Ja, so sah es aus. Damals.
Dr. Konrad Näser
Es ging nicht ohne Zaun und Hecker. Unser geträumtes Paradies brauchte Schutz. Als wir mit dem zuständigen Jäger über die Wildtiere sprachen, meinte er nur: „Sie wohnen nun mal an der Zivilisationskante, da müssen Sie mit dem Wild leben.“
Na gut, ich begann also, das Grundstück mit Lebensbaum-Hecken zu umgeben. Wir brauchten Wild-, Wind-, Goldruten und auch ein bisschen Blickschutz. Thuja war preiswert, gut in Form zu halten und robust. Lange schon ist der Garten nicht mehr „Zivilisationskante“, sondern mehrmals im Jahr Anlaufpunkt für Besucher. Aber die Thuja-Hecken gibt es noch, und etwas belustigt beobachte ich das Staunen der Gäste: „Schaut euch bloß mal diese schmale Hecke an, das ist ja unglaublich!“
Die Thuja-Hecke entlang der Gartengrenze bildet einen ganzjährig grünen, ruhigen Hintergrund für Staudenbeete. Unsere niedrige Lebensbaumhecke trennte den Ziergarten einst vom Gemüsebeet. Sie gliedert heute den Garten und gibt der Bank unter den Birken Rückendeckung. Das Besondere ist ihre extrem schmale Form: unten ist sie 30 cm breit, oben nur fünf. Wenn ich dann erkläre, dass diese Hecke über 40 Jahre alt ist, ernte ich ungläubiges Staunen. Der Trick ist einfach. Er heißt „konsequent schneiden“.
Vor allem: Sie beanspruchen ganz wenig kostbaren Gartenraum! Wer ungeduldig ist und ganz schnell eine hohe, dichte Hecke haben möchte, macht meist schon beim Pflanzenkauf einen Fehler, der sich nicht mehr ausbügeln lässt: Er kauft möglichst große Gehölze und lässt sie auch noch ungehindert wachsen. Ohne zu ahnen, dass der Lebensbaum in seiner nordamerikanischen Heimat seinem Namen alle Ehre macht und 20 Meter Höhe und mehr erreicht. Das schafft er auch bei uns, wird er nicht in die Grenzen gewiesen. „Lebensbaum gehört auf den Friedhof“, höre ich hinter meinem Rücken sagen.
Ich halte dagegen: Er heißt nicht „Totenbaum“, sondern „Lebensbaum“. Inzwischen weiß ich: Auch die Robustheit von Thuja hat Grenzen. Ist es zu trocken, bleibt sie kümmerlich. In heißen Sommerwochen ist daher eine Wassergabe allemal hilfreich. Und wird der Schatten im Laufe der Jahre zu dicht, verkahlt die Thuja- Hecke. Ich erlebe das an den Stellen, wo einst winzige Bäumchen zu wahren Riesen herangewachsen sind. Schäden dieser Art lassen sich kaum reparieren. Bei mir haben sich als Alternative an solchen Stellen Eiben (Taxus baccata) bewährt. Sie vertragen mehr Schatten und Trockenheit ohne durchsichtig zu werden. Jedoch wachsen sie etwas langsamer und sind teurer.
Manch ein überforderter Heckengärtner hat beim Anblick unserer Schmalspurhecken schon neue Hoffnung geschöpft. „Meine Hecke wird jetzt auch gestutzt.“ Ich kann dann aber nur warnen: Lebensbaumhecken, die zu breit geworden sind, können nicht einfach ins kahle Holz zurückgeschnitten werden. Sie treiben nicht mehr aus.
Die Eibe dagegen kann das. Sie begrünt sich, auch bei rigorosem Rückschnitt, aus dem alten Holz. Ich schneide meine Hecken konisch, unten breiter, oben schmal. Sie sind maximal zwei Meter hoch. Das reicht, um die Köpfe der Nachbarn nicht immer sehen zu müssen. Daher kann ich sie immer noch ohne Leiter schneiden. Hecken sorgen durchaus aber auch für Dispute. Ich staunte jedenfalls nicht schlecht, als meine Nachbarin meinte, sie sei so viele Jahre in Berlin „eingemauert“ gewesen und nun blicke sie hier wieder auf eine Mauer, wenn auch auf eine grüne. So schnitt ich großzügige Wellen in meine Hecke. Das war’s!
Zufrieden schmunzeln die Nachbarin von der einen und meine Besucher von der anderen Seite über den Einfall. Und mir gefällt’s auch. Später sah ich, dass der bekannte Gartengestalter Piet Oudolf in Hummelo diese „Wogen-Hecke“ schon vor mir erfunden hat. Na bitte! Und als ein Gartenbesucher immer noch meinte, es sei „egoistisch“, den Garten hinter Hecken zu verstecken, musste ich lachen: Privatsphäre ist auch mal ganz schön- vor allem mithilfe der Thuja Hecke.